Nothing / Full Of Hell
When No Birds Sang
Text: Sebastian Berlich | Erschienen in: VISIONS Nr. 369
Bevor es zu Missverständnissen kommt: “When No Birds Sang” bietet keine Hits, keine ausgebuffte Dramaturgie, teils nicht mal Songs im engeren Sinn. Full Of Hell und Nothing bringen ihre Kompetenzen ein – chaotischen Krach und kratzigen Shoegaze –, deklinieren aber nicht einfach ein weiteres Mal das Heavy-Shoegaze-Einmaleins durch. Stattdessen variieren sie ihren Sound, lassen Songs vorbeiziehen, ohne beliebig zu sein.
“Rose Tinted World” legt dissonant-rotzig los, bis nach vier Minuten verhaltene Akkorde erklingen, während im Hintergrund Nachrichtensamples von Gewalt auf den Straßen berichten. Das wäre generisch, wäre es eine Rampe für die finale Eruption – hier verdichten sich Samples und Feedback aber über vier weitere Minuten zu Noise, den Dave Blands Schlagzeug vor sich hertreibt, bis eben Schluss ist. Keine Katharsis, stattdessen mit “Like Stars In The Firmament” direkt die Kehrtwende: bedächtig-tröpfelnde Melodien, sanftes Rauschen, gehauchte Stimmen.
Wer wegen Metal hier ist, kriegt im Titelsong eine Post-Rock-Explosion mit stoischem Industrial-Beat, muss aber vorher durch den wolkigen Drone “Wild Blue”, der keine Pointe hat. Genau darin liegt die Stärke von “When No Birds Sang”: Es geht nicht darum, etwas zu beweisen, sondern zu erkunden. In diesem Fall eines der vielleicht schönsten Alben des Jahres.
Das steckt drin: Amenra, Cloakroom, Heave Blood & Die
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