Dabei führt Pagans Spiel mit den Stilmitteln des Black Metal auf den ersten Blick in die Irre: Das umgedrehte Kerzenkreuz der Band wirkt so ikonisch, als stammte es aus der Ära von Black Sabbath und Venom, zudem nennt die Band ihre Songs “Spells”, was übersetzt treffenderweise sowohl “Zauber” als auch “Anfälle” heißen kann. Denn mit behäbig brummendem Blutopfer-Doom haben Pagan nichts zu schaffen, die junge Band stampft und stürmt auf ihrem Debüt “Black Wash” meist mit rock’n’rolligem Hardcore der Marke The Bronx zum Altar. Beziehungsweise im Stil von Clowns, mit denen sich die vier Australier die Heimatstadt Melbourne teilen. Wenn es Pagan dabei so richtig mitreißt, rutschen sie in gnadenlos tanzbare Dance-Punk-Parts, wenn der Zorn so richtig hochkocht, steigert sich die Stimme von Frontfrau Nikki Brumen zu Tremolo-Gitarren und Blastbeats ähnlich wie bei den Belgiern Brutus in Black-Metal-Fauchen. Gleich alles zusammen kann man in der spektakulären Leadsingle “Death Before Disco” erleben: Im Intro stampft ein dickes Hardcore-Riff mit Schellenkranz-Begleitung los, in der Strophe treibt der Bass und darüber klingen luftig arpeggierte Gitarren, im Pre-Chorus kommt der Black-Metal-Ausraster und im Refrain jagt einem das melodisch-bissige Gebrüll von Brumen eine Gänsehaut über den Rücken. “Black Wash” ist dabei eine sehr klare, moderne Hardcore-Platte, die scharfkantigen Riffs von Songs wie “Imitate Me” oder “Wine And Lace” glänzen stählern, die Tracks schlagen einen Haken nach dem nächsten, Brumens emotionales Schreien hält das Erregungsniveau konstant hoch, und “Silver” spült einen im Refrain mit einer solch entfesselten Energie davon, wie es seit Fucked Up kaum jemandem gelungen ist. So elektrisiert war Hardcore lange nicht. Dennoch schlagen Pagan erfolgreich die Brücke zur düsteren Metal-Folklore: Das große Motiv des Albums ist Manipulation und Erniedrigung, von Brumen auf zwei Ebenen erzählt – einer okkult-traditionellen über einen fiktiven tyrannischen Kultführer einer “Church Of The Black Wash” und einer modernen zum Psychoterror-Phänomen des Gaslighting. Und während die Sängerin im Opener “Il Malocchio Si Apre” dramatisch als keifende Hardcore-Hohepriesterin den titelgebenden “Bösen Blick” öffnet, wird sie in “Year Of The Dog” zur Anführerin einer Straßengang, wenn die Group-Shouts losbrechen. Aber eben einer, die weiß, wie man eine Hammond-Orgel in ein Hardcore-Album schmuggelt.