Ganz so einfach ist es aber nicht, denn dafür ist die Musik des Quintetts aus New Jersey zu aufdringlich. Palisades wurden irgendwann vor diesem vierten Album mal mit Trancecore und Post-Hardcore in Verbindung gebracht. Wer das schon für eine schlechte Kombination hält, dem sei gesagt: Es geht schlimmer. “Erase The Pain” dümpelt irgendwo zwischen den poppigen Überresten von Metalcore und Nu Metal, Breakdownlastig und hochemotional. Ihre Stimmen und Instrumente schicken Palisades durch vermeintlich moderne Computereffekte, was das Ganze – Überraschung! – nicht besser macht. Hauptsache, alles ist schön dick aufgeblasen, am besten so sehr, dass die Realität verzerrt wird. Ein geradezu absurdes Beispiel liefert der Videoclip zu “War”. Im Song geht es natürlich um die inneren Grabenkämpfe. Und wie setzt man die besser in Szene als mit einem komplett durchgestylten Pseudo-Livevideo, in dem das Halskettchen und die Lederjacke des Frontmanns eine genauso große Rolle spielen wie die Pyrotechnik? Letztere wirkt in dem kleinen, halbgefüllten Club genau so lächerlich deplatziert wie das fast schon wieder niedliche Handylichtermeer. Dass die nur mittelmäßig ekstatischen Fans vom Label oder der Band gekauft oder erpresst wurden, wäre mal eine beruhigende Wendung. Die Klicks, Likes und Kommentare legen aber nahe, dass es tatsächlich Menschen gibt, die das hier mögen. Schlimmer als anonyme Hasskommentare zu lesen: Liebeserklärungen an schlechte Musik. Aber immer noch besser, als sie zu hören.
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Reaching Hypercritical
VÖ: 22.07.2022