John Parish And PJ Harvey
A Woman A Man Walked By
Text: Carsten Schumacher
Vor 12 Jahren hat PJ Harvey schon einmal ein Album mit John Parish gemacht, jenem Freund, dessen Urteil sie vertraut, dem sie eine gewisse Seelenverwandtschaft attestiert. Mit ihm aufzunehmen ist für sie etwas Besonderes und soll auch etwas Besonderes bleiben, keine Hast. Er holt die Riffs aus der Schublade, sie die Texte, beide sind sich schnell einig, und dann kann PJ Harvey sich völlig gehen lassen. Und das tut sie auch. Sensationell ist schon das straighte Rock-Riff zum Einstieg, dem die britische Alternative-Legende als Sängerin und Persönlichkeit auf gleicher Ebene begegnen kann. Und dann geht es immer tiefer hinein in die Empfindungsdynamik Harveys. Ein Aufbruch wie zu einer Art Peyote-geschwängertem Selbsterfahrungstrip mit allen Höhen und Tiefen. Grandiose Momente, Sackgassen – alles ist dabei. Mal wirkt sie wie kurz nach einem Zusammenbruch, dann auf einmal derart erfüllt von Hass und Zorn, wie man es noch nie erlebt hat (siehe Titelsong). Auf Schönklang kann dabei nicht immer Rücksicht genommen werden, dafür ist die Intensität beispiellos. Ein wirklich mutiges Album, das das Selbstzitat vermeidet, ohne das Instrumentarium zu wechseln. Grunge-Energie minus Posen und Tand. Schwärmerisch, ausdrucksstark und besessen.
weitere Platten
Dance Hall At Louse Point
VÖ: 23.09.1996