Kate Nash steht längst auf den Garagenrock der Schotten, und kürzlich haben Japandroids sie auf Europatour mitgenommen. Das passte ziemlich gut, denn genau wie Kanadas Krach-Maximalisten haben auch Paws ein Gefühl dafür, alles möglichst einfach und eingängig zu halten. Was sie von Japandroids unterscheidet, ist ihr 15 Jahre alter Sound (die Crunch-Gitarren in “Catherine 1956”), die Comicheft-Kauzigkeit, die ihnen anhaftet (zu fast jedem Song kann man sich komisch aussehende Leute in Indiefilmen vorstellen, die ihren Actionfiguren Kostüme nähen oder andere Sachen machen, für die man einen Schaden haben muss und am Ende trotzdem sympathisch gefunden wird) und die Dringlichkeit ihrer Texte. Sänger und Gitarrist Philip Taylor verarbeitet mit dem Album sein Außenseiter-Dasein zu Schulzeiten, den Hass auf seine Heimat, das zerrüttete Familienleben und den Tod seiner Mutter, der alles noch schlimmer gemacht hat. I would trade anything for one full day to just sit and hear her voice again, singt er in “Catherine 1956”, und auch wenn er etwas später in Bloodline erkennt: I know that youll never die/ Ive got your nose, Ive got your eyes, ist es eigentlich zum Heulen. Die Musik drum herum sorgt dafür, dass man nicht erdrückt wird von solchen Gefühlen. Der Garagenpunk von “Bloodline” könnte jede Hausparty beenden, wer vor “Pony” schon mal von schrammelnden Gitarren gesprochen hat, kommt sich jetzt wie ein Lügner vor, “Jellyfish” ist ein Poppunk-Hit, der sich von der Seite rantanzt, und “Get Bent” holt aus einem Akustiksong mehr Schmutz heraus, als es Chuck Ragan je könnte. Taylor spielt dazu Mini-Melodien auf einem Mini-Keyboard. Paws sind mehr als ein Haufen missverstandener Mittzwanziger, die einem ihr scheiß Leben aufs T-Shirt rotzen. Es ist vor allem ihre naiv-kompromisslose Einstellung gegenüber ihren Songs, die “Cokefloat!” zu einer Herausforderung macht, der man sich immer wieder stellen muss. Die Melodien, denen man sich nicht entziehen kann und die Energie, mit der die Band ihre Instrumente zerstört. Die Wut und die Verzweiflung, die Taylor in seine krächzende Stimme legt und mit der er jeden Song bestimmt – aber keinem schadet. Und die immer nur halb gespielten Gitarren, die der Platte ihren unperfekten Charme verleihen. Paws haben mit “Cokefloat!” nicht das beste Album des Jahres aufgenommen. Aber eines der wichtigen – für sich selbst, für Schottland und für uns.
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