Mit seinem Magazin Testcard, Büchern wie “Antipop” und Vorträgen im ganzen Land ist Martin Büsser einer der letzten konsequent linken Theoretiker des Pop. Nichts graut ihn mehr als Rebellion in Tüten, er sucht stetig nach Klängen und Ansätzen, die Musik wieder ernsthaft subversiv machen können. Mit Freunden aus den Punkbands EA80 und Graf Zahl macht er selber hin und wieder Musik, und die muss sich nun an seinem eigenen, auf Tausenden von Seiten ausgebreiteten Anspruch messen. Vorweg gesagt: Es gelingt ihr. Dieses Album steht nicht im Nichts, es wirft durchaus Halteseile in Richtung der Goldenen Zitronen oder der Tödlichen Doris, aber es ist dennoch einzigartig. Das liegt vor allem an der Herangehensweise. “Die Familie Pechsaftha” mietet sich zum Musizieren ohne Druck in Ferienhäuser ein, baut dort neben Verstärkern und rudimentärem Schlagzeug vor allem eine Menge Geschirr, Töpfe, Dosen und Kleinkram auf, schmeißt die Flimmerkiste mit Trash-Fernsehen an und improvisiert. Heraus kommt Klangkunst mit Punk-Gestus, die in ihrer Schelte gegen Popnationalismus, prekäre Arbeitswelten oder Spießer-Ordnung oft zu direkt für ihre eigenen Ansprüche ist. In Stücken wie “All You Can Eat” oder “Yoh!” allerdings geht alles auf: Hier plappert Büsser mit herrlich hessischem Akzent einfach Small-Talk-Phrasen nach, paraphrasiert, wie Menschen über ihre Stadt oder Musiker über ihre Tour reden und wertet es nicht. Die bescheuerte Selbstverständlichkeit, mit der Städte etwa nach ihren Fress- und Konsumangeboten bewertet werden, schimmert hier zwischen Lachtränen durch. So geht Subversion ohne Zeigefinger. Die eigentliche Message verkörpert die Band jedoch durch ihre Arbeitsweise selbst: spontan, kindlich, radikal und ohne jede Rücksicht auf Hörer oder Märkte. Hierin steckt eine Utopie, ein befreiendes Modell, das dort leider zu bitter nachschmeckt, wo die politische Strenge ihr Korsett verbissen nachspannt.