Am ehesten werden dabei noch Anhänger von “Lisztomania”, “1901” oder “Everything Is Everything” enttäuscht: “Bankrupt!” ist zwar kein Album, das sich solchen Hits verweigert, sie gelingen Phoenix nur diesmal nicht ganz so vollständig wie zuletzt vor vier Jahren auf “Wolfgang Amadeus Phoenix”. Wer die längst nicht mehr in Versailles beheimatete Band für ihren Hang zum Patchwork-Pop liebt, erlebt sie dafür besser denn je. Nahtloser als das Titelstück von “Bankrupt!” haben Phoenix noch keines ihrer langen, schlenkernden Lieder (es gibt immer eins pro Platte) zusammengesetzt. Der ebenso ambitionierte wie Vangelis-lastige Song leitet den Mittelteil des Albums ein, in dem fernöstliches Klischee-Klimbim und Flötensolos keine unverwirklichten Träume mehr bleiben – nur eine so erfahrene und eingespielte Band wie Phoenix kann sich da durchmanövrieren, ohne mit den Händen im Zuckerwatte-Zerkleinerer steckenzubleiben. Es lohnt sich, den Franzosen auch in ihren Dark-Wave-launigen Momenten treu zu bleiben, denn wer ihnen Zeit gibt, wird zur interessantesten Version der Band vorstoßen: den Phoenix, die sich immer wieder selbst in Frage stellen, ihr Album mit einer zu Tode polierten Marmorkugel vergleichen und es trotzdem so wacklig dastehen lassen, dass zu jeder Sekunde alles in sich zusammenstürzen könnte. Das ist natürlich ein Grund zum Feiern. Popmusik hört man schließlich wegen den Rissen in der Oberfläche. (Wer das anders sieht und sie nur wegen des klassischen Flippers-Schlagzeug-Effekts hört, wird von “Bankrupt!” aber auch bedient.)
weitere Platten
Alpha Zulu
VÖ: 04.11.2022
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