Songwriter sein allein reicht heute nicht mehr. Man muss sich seinen Claim abstecken und dann an der Selbstmythologisierung arbeiten. Matthew Houck hat in der Beziehung einen Frühstart hingelegt und kann schon auf ein paar sektenmäßige Jünger zählen. Sein Angebot: dornige Countrysongs, die das Whiskyzimmer-Ambiente und das getragene Bläserarrangement nicht scheuen und auch in der Innenstadt relevant klingen. “Muchacho” ist aber auch ein Album für seine Zweifler geworden. Wie lange kann das gut gehen mit Zeilen wie “I was the wounded master/ And I was the slave/ I was the holy lion/ and I was the cage”? Das Tolle an Phosphorescent ist, dass Houck fürs Herzleid immer noch unverbrauchte Bilder findet, das Irritierende ist die genießerische Ästhetik, die er immer mitliefert. Das neue Album ist besonders betroffen. Noch nie klang der Sänger aufgeräumter in seinem Ungemach, noch nie war seine Band legerer. Die zehn Songs lechzen danach, in irgendeine Schmerzensbiografie eingearbeitet zu werden, die Alkoholzufuhr nach Mitternacht schadet sicher auch nicht. Der Morgen danach sieht freilich anders aus. Phosphorescent können nämlich auch ganz schön behäbig sein, vor allem, wenn das emotionale Armdrücken in die Verlängerung geht. Dann führt Matthew Houck gerne ein paar gepresste Jauchzer auf, und die Begleitband nähert sich dem Crescendo. Call me unbeteiligt. Irgendwo brennt schließlich immer eine Postkutsche, was nicht heißt, dass man dadurch gesteigerten Bock auf die Löscharbeiten kriegen würde.
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