Pissed Jeans
Half Divorced
Schon auf dem Vorgänger “Why Love Now” führten einen Pissed Jeans an der Nase herum, denn so rosarot wie das Cover der Platte war hier nichts. 2024 hat sich daran nichts geändert, ebenso wenig wie an den Taktiken der Band aus Allentown, Pennsylvania. Als Vorabsong schicken sie “Moving On” in die Welt, ein nach ihren Maßstäben fast schon eingängiger und liebevoller Song, in dem Frontmann Matt Korvette die Kraft beschwört weiterzumachen, trotz aller Fallstricke und Stolperfalle, die einem das Leben bereithält.
Was für Mühlsteine Pissed Jeans zum Hals raushängen, breiten sie in den elf Songs zuvor aus. Den Anfang macht “Killing All The Wrong People” – einer dieser Tongue-in-Cheek-Hits der Band, bei dem Korvettes Stimme rasselt wie das Schlüsselbund des Hausmeisters an der Gesamtschule, wenn er das bisschen Macht auskostet, das ihm seine Position zugesteht. Wenig später ereifert sich Korvette über “Helicopter Parents”: “Oh you started getting bored, so you went and had a kid/ Thought it’d give you something to do/ Make em talk, make em smile, make em act like they’re you’re child/ Dress em like a little version of you.”
Seine Band untermalt Korvettes Auskotzereien mit ultra-tightem Hardcore, der beständig auf dem schmalen Grat zwischen Chaos und Überdrehtheit balanciert. Mit diesem Werkzeugkasten gelingt Pissed Jeans mit “Everywhere Is Bad” so etwas wie das musikalische Pendant zum Ruhrgebiets-Bonmot “Woanders is’ auch scheiße”, ehe “Junktime” in der Mitte der Platte fast schon epische Ausmaße annimmt und den drei fantastischen Instrumentalisten Bradley Fry (Gitarre), Randy Huth (Bass) und Sean McGuinness (Schlagzeug) Raum zum Glänzen lässt. Es ist nur eine kurze Pause, bevor wieder Korvettes Punchlines den Schaum vor seinem Mund auf einen niederregnen lassen wie in “Alive With Hate”: “When I’m alive with hate/ Laughing at the chance to make you cry/ Screaming match, creative ways to say that you should die”.
Man könnte sich ewig von einem Song zum nächsten hangeln, aber dann würde das Lesen dieses Textes länger dauern als die gerade einmal 30 Minuten von “Half Diovorced”. Das Ergebnis, zu dem man kommt, ist eh immer dasselbe: Selbst wenn man sich aus Hardcore 364 Tage im Jahr nichts macht, ist “Half Divorced” die eine Platte, der man sich auf keinen Fall entziehen kann, weil Pissed Jeans eines restlos verinnerlicht haben: Mit Humor geht alles besser.
Das steckt drin: Flipper, Metz, Tvivler
weitere Platten
Why Love Now
VÖ: 24.02.2017
Honeys
VÖ: 15.02.2013
King Of Jeans
VÖ: 21.08.2009
Hope For Man
VÖ: 01.06.2007
Shallow
VÖ: 20.01.2005