Nach Indierock-Maßstäben ist ein alter Mann, der 37-Jährige ist schon mit den Gypsies durch Berlin marschiert, hat den Score zu einem New Yorker Stepptanz-Musical geschrieben (Off Broadway), eine Indierockband verschlissen und – hier wird sein Lebenslauf suspekt – nordkoreanische Volksmusik vor Ort studiert. Erst aber als er nach London gezogen ist und sich dort in einer kleinen Wohnung abgeschottet hat, sind ihm die Songs eingefallen, die er schon sein ganzes Leben lang schreiben wollte. Lustigerweise musste er dafür einfach nur weniger tun als je zuvor: Die Stücke auf seinem Porcelain-Raft-Debütalbum “Strange Weekend” sind leicht nachgebesserte Demos, die Remiddi lieber mochte als die Songs, die seine Ex-Band daraus machen wollte. Ein typisches LoFi-Album mit schiefen und unausgemalten Stellen ist “Strange Weekend” trotzdem nicht, es wirkt nur sehr flexibel und vieldeutig, als könnten sich die Songs zwischen zwei Hördurchgängen in völlig unterschiedliche Richtungen weiterentwickeln. Remiddi hat erst den War-On-Drugs-Schwurbel, dann die Beach-House-Schläfrigkeit, dazwischen Prince-Gesang und in einigen Momenten sogar den M83-Größenwahn, mit dem sich der ähnlich veranlagte Einzelkämpfer Anthony Gonzalez im letzten Jahr zum romantischsten Zauberschloss-Elektropop seit Ewigkeiten durchringen konnte. Ganz so ein Schwärmer ist Remiddi noch nicht. Von hier an hat er aber nur noch die Möglichkeit, sich dorthin zu entwickeln oder als nächstes eine gefühlvolle Gothrock-Platte aufzunehmen. Interessante 40er stehen ihm so oder so bevor.