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    Primal Scream
    Come Ahead

    VÖ: 08.11.2024 | Label: BMG/Warner
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 380
    Schönheit
    Primal Scream - Come Ahead

    Eine der ungeschriebenen Regeln im regelfreien Kosmos von Primal Scream lautet: Nach einem weniger guten Album folgt ein umso besseres. Nun: Der Vorgänger “Chaosmosis” war schwach.

    Über gute Ansätze und Nostalgie befriedigende Selbstzitate kamen Primal Scream darauf nicht hinaus, dafür irritierten sie mit einem aufgesetzten Synthiepop-Einschlag und Songs, die nicht zu Ende gedacht wirkten. Das ist keine Schande, Primal Scream haben sich ihre Narrenfreiheit redlich erarbeitet, sind im Zickzack durch die Musikgeschichte. Vom psychedelischen Paisley-Underground ihrer Frühwerke, der Miterfindung von Rave (“Screamadelica”, 1991), der Rolling-Stones-Werdung (“Give Out But Don’t Give Up”, 1994) über Dub-Abenteuer (“Echo Dek”, 1997) und Elektro-Geballer neben Stooges-Punk (“Xtrmntr”, 2000) haben sich die Schotten ausprobiert, mal überzeugt und mal enttäuscht. Meist im Wechsel. “Come Ahead” ist folglich wieder ein gutes Primal-Scream-Werk.

    Satte acht Jahre sind seit dem Vorgänger vergangen. Die Welt stand in dieser Zeit nicht still – und zwischenzeitlich dann doch: Keyboarder Martin Duffy, der seit 1989 dabei war, starb 2022. Anführer Bobby Gillespie hat mit Jehnny Beth ein Album aufgenommen und mit seinen Söhnen Wolf und Lux für H&M gemodelt.

    Dass in dieser Zeit auch reichlich Arbeit ins zwölfte Album von Primal Scream geflossen sein dürfte, beweist “Come Ahead”. Mit 75 Minuten ist es doppelt so lang wie “Chaosmosis” und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Es ist durch und durch Primal Scream, was vor allem daran liegt, dass einen Gillespies alterslose Stimme an die Hand nimmt und durchs Album führt, dessen Fundament an die edel ausstaffierten Extended-Soul-Extravaganzen von Isaac Hayes erinnert.

    Immer wieder umgarnen einen edle Streicherarrangements (“Innocent Money”), dazu gibt es groovenden Disco-Funk. Der “Melancholy Man” klingt auch so, entführt in eine verrauchte Bar mit einem einsamen Saxofonisten. Den Ton setzt zu Beginn aber ein Gospel-Chor, denn auch das Spirituelle war immer ein Teil von Primal Scream. Der einsetzende Bass-Groove zwingt danach auf den Dancefloor.

    Rock und ihre Liebe zu den Stooges treten diesmal deutlich in den Hintergrund, lediglich “Love Ain’t Enough” darf garagig pumpen und eine sägende Gitarre zwischen die Soul-Streicher packen. Cineastisch fällt “Come Ahead” aus. Es verhandelt in seinen elegischen Stücken zwischen vier und neun Minuten Persönliches, schwelgt in sehsüchtiger Melancholie, nimmt den religiös überhöhten Wellness-Wahn in “The Centre Cannot Hold” ins Visier und lässt auch die Politik nicht außen vor: Stichwort “Innocent Money” und der fadenscheinige Trickle-Down-Effekt.

    Das steckt drin: Isaac Hayes, Jungle, Gil Scott-Heron

    weitere Platten

    Chaosmosis

    VÖ: 18.03.2016

    More Light

    VÖ: 10.05.2013

    Beautiful Future

    VÖ: 01.08.2008

    Riot City Blues

    VÖ: 02.06.2006

    Dirty Hits

    VÖ: 03.11.2003

    Evil Heat

    VÖ: 05.08.2002

    XTRMNTR

    VÖ: 31.01.2000

    Vanishing Point

    VÖ: 07.07.1997

    Screamadelica

    VÖ: 23.09.1991

    Primal Scream

    VÖ: 04.09.1989