Allerdings ist den sechs Musikern aus Syracuse/New York nicht immer danach. Schon beim Einsteiger The Orchard gönnt sich das Schlagzeug eine Pause. Der Titelsong schleicht sich durch dreieinhalb Minuten Schwermut und hinterlässt ein bedrückendes Gefühl im Magen. Das zweite Album von Ra Ra Riot beginnt wie der depressive Soundtrack für einen Tag unter der Bettdecke, kriegt dann aber zum Glück die Kurve. Boy lässt die Sonne aufgehen und den Kloß im Hals verschwinden. Das Schlagzeug stampft los, der Bass knattert wie ein Moped mit Startproblemen, Geige und Cello schieben die Wolken beiseite. Das Keyboard in Foolish will in den Festsaal, landet aber in der Disco. Die Gitarre schraubt sich bis zur Decke hoch, und Wes Miles androgyner Gesang steht kurz vorm Abheben. Trotz des instrumentellen Großaufgebots klingen Ra Ra Riot bewusst dezent. Und auch wenn sie aussehen wie aus dem Versandkatalog für angesagte Indiebands bestellt, wäre es falsch, ihnen zu unterstellen, ihre Songs kämen vom Reißbrett. Jedes der zehn Stücke baut auf Gefühlen auf, zum Beispiel Massachusetts, das das schönste Liebeslied für einen US-Bundesstaat seit dem Tribut-Marathon von Musikgenie Sufjan Stevens sein könnte, textlich aber Trauerarbeit leisten muss. The tide tells you when to come and when to go. Ra Ra Riot haben auch nach vier Jahren nicht verarbeitet, dass ihr Freund und Schlagzeuger John Pike während einer Tour in Massachusetts ertrank. Und dann ist der Kloß wieder da.