Rancid
...Honor Is All We Know
Text: Christian Wiensgol
Das Besondere an Rancid auf einen Nenner zu bringen ist nicht leicht. Authentizität etwa haben die bis auf die Kopfhaut tätowierten Kalifornier zu genüge. Aber die haben andere auch. Was so keiner hat, sind die einzelnen Teile, die nicht erst, aber vor allem in der Summe unschlagbar sind. Angefangen beim kleinsten Teilchen wäre da mit Brandon Steineckert der ehemalige Drummer von The Used, der nun schon seit acht Jahren dabei ist und einen unauffälligen, weil perfekten Job macht. Auffälliger sind Matt Freemans Bassläufe, die ihm den Ruf als besten Punk-Bassisten bescherten. Mit Lars Frederiksen haben Rancid außerdem den Luxus eines Co-Frontmanns, der genug Frontmann für zig weitere Bands in sich hat und trotzdem keine Anstalten macht, sich ins Zentrum zu spielen. Denn dort steht unzerstörbar und unnachahmlich Tim Armstrong. Der Mann hat nicht nur einen unverkennbaren Gesangs-, ähm Genuschelstil, er ist auch ein verdammtes Songwriter-Genie. Fragt mal Pink. Oder hört die seit zwei Jahren wöchentlich anwachsende Songsammlung als Tim Timebomb, für die er Songs von Künstlern, die ihn inspiriert haben, und seine eigenen covert. Dass seit genau diesen zwei Jahren das achte Rancid-Album auf sich warten ließ, ist angesichts von “…Honor Is All We Know” schnell vergessen. Das kürzeste Album ihrer Karriere profitiert zwar von Armstrongs Songwriter-Routine, denkt aber nicht mal dran, sich auf Rancids Legendenstatus auszuruhen. Wie auch in nur 33 Minuten? Schlag auf Schlag geht es nicht nur formell, sondern auch inhaltlich. Nachdem Armstrong sich in “Back Where I Belong” zur Begrüßung überraschend höflich für die Wartezeit entschuldigt, geben Gangshouts die Anweisung “Raise Your Fist”. Und wo die Fäuste schon mal oben sind, kann man auch gleich in “Diabolical” den wackligen Tanz einer Kneipenschlägerei vollführen. Rancid auf Konfrontationskurs, nicht nur in “Collision Course”. Fast das gesamte Album ist mindestens eine Spur härter als sein Vorgänger “Let The Dominoes Fall”. Ska-Ausflüge bilden die Ausnahme, auch wenn “Evil’s My Friend” mit seiner stoischen Gitarrenmelodie zum größten Tanzflächenfüller werden dürfte. Langweilig wird es trotz wenig stilistischer Abwechslung nicht, dafür sorgen kleine Ideen wie im Titelsong. Dort spucken nicht nur Armstrong und Frederiksen ins Mikro, sondern auch Freeman darf sich eine Strophe rauspressen, was dann ein bisschen wie die Vorstellungsrunde am Ende eines Konzerts klingt. Als ob diese ungeplante Allstar-Band das nötig hätte.
weitere Platten
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