Bemerkenswert: Einer Newcomer-Band aus Freiburg gelingt es mit Hilfe eines irischen Sängers, die Lücke zwischen Radiohead und Live zu schließen.
Eine kleine Anekdote am Rande: Eigentlich sollte es mich misstrauisch machen, wenn eine angesagte westfälische Top 40-Combo neben Narcotic von Liquido neuerdings auch Supergirl von Reamonn in ihrem Programm hat. Aber lieber zum Thema dieser Zeilen: Manchmal ist es besser, eine Newcomer-Band zuerst live zu erleben und sich dann in Ruhe an das Studiomaterial heranzutasten. Wer Reamonn als Support von HIM in Hamburg gesehen hat (siehe VISIONS Nr. 86), konnte sich bereits von ihren Qualitäten überzeugen. Jetzt liegt ihr Debüt namens Tuesday vor und an meiner Meinung zu diesem großartigen Stück zeitgenössischer Rockmusik hat sich nichts geändert, eher im Gegenteil. Diese Band ist nicht nur frisch, sondern bringt Ideen mit, die man so in diesen Landen lange nicht mehr gehört hat. Warum das so ist? Reamonn schaffen es immer wieder, mir ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Das liegt zum einen an den wirklich durchdacht aufgebauten Songs (Torn, Stripped), zum anderen an den wunderbaren Melodien (wie zum Beispiel in Josephine). Klingt komisch, aber ich hatte bei jedem neuen Durchgang einen anderen Lieblingssong. Gerade läuft Head In My Hand, übrigens eine – natürlich – deutlich andere Version als auf unserer CD in Heft Nr. 74, und ich ziehe meinen mentalen Zylinder abermals vor den Songwriterfähigkeiten der Burschen um den Iren Reamonn Garvey. Klar, so neu ist das alles nicht, aber wann kommt das heutzutage auch schon noch vor? Ganz besonders interessant finde die Schnittmenge, die Reamonn bedienen: Sowohl Melancholiker, die sich mit den Briten Radiohead identifizieren können als auch Leute, die den Gesamtsound von Live lieben, haben hier die konkrete Chance, glücklich zu werden.