In seiner britischen Heimat macht die Konkurrenz gerade schlapp; bei den Gallagher-Brüdern kriselt es bedenklich, Blur nehmen eine Auszeit, von Placebo gibts nichts Neues. Ashcroft, der mit einer gepflegten Divenhaftigkeit, der notorisch schlunzigen optischen Erscheinung und einem veritablen Songwriter-Talent ohnehin alle Voraussetzungen mitbringt, um im Inselreich der Mann der Stunde zu werden, gießt Melancholie so selbstverständlich in Songs, als ob es überhaupt keine Alternativen gäbe. Unter den zehn Songs gibt es nur wenige, die nicht zumindest in Untertönen einen Blues vor sich her schieben. Damit wir uns verstehen: Die schon bekannte Single A Song For The Lovers gehört schon eher zu den flotteren Momenten der Platte. Manchmal geht er dann auch in Sachen Weinerlichkeit einen Schritt zu weit wie bei You On My Mind In My Sleep, doch in den meisten Fällen rettet ihn etwas vor dem Versacken im Tal der Tränen: Der Ausdruck seiner Stimme, die zwar ein gewisses Maß an Pathos transportiert, aber fast immer auch eine Art blasierter Distanziertheit mitschwingen lässt. Ashcroft klingt seltsam unbeteiligt, unberührbar, und man hat unweigerlich das Video zu Bittersweet Symphony vor Augen, wo er ohne Rücksicht auf irgendetwas Passanten anrempelt. Was ein wenig verwundert, ist das Ausbleiben der erwartete Streicherhölle – Ashcroft belässt es beim gelegentlichen Einsatz. Mit New York und dem etwas an Primal Scream erinnernden Cmon People (Were Making It Now) besitzt das Album zwei blitzende Höhepunkte, generell herrscht eine Atmosphäre von dezent verträumt bis tief kitschig, von sanft entrückt bis weltabgewandt, as if The Verve never happened. Damit wir auch alle nicht vergessen, traurig zu sein.
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