Es gibt Menschen, die haben zum letzten Mal geweint, als Richard Hawley im Vorprogramm von Nancy
Sinatra in vornehmen Häusern “The Ocean” gesungen hat, ein tiefschürfendes und wunderbares Lied, das
verdientermaßen im Zentrum dieser Platte steht. Andere Leute haben Hawley in diesem Sommer vor
R.E.M. spielen sehen – draußen, vom Bierstand aus – und nicht so recht verstanden, was an diesem
Briten im schicken Anzug besonderes sein soll. Der Fall ist klar: “Coles Corner” ist Kontextmusik.
Ein Album für besondere Anlässe, die im Idealfall irgendwie mit Rotwein zu tun haben sollten. Und
dunkel sollte es sein, denn es sind Lieder über lange einsame Nächte; und wenn einmal Licht
vorkommt, dann nur von einsamen Straßenlaternen. Hawley, eine zentrale Figur der Kunstszene in
Sheffield und lange Gastgitarrist bei Pulp, ist ein Meister des guten Geschmacks, der sich zwischen
den Tindersticks, Scott Walker und Johnny Cash eine Nische im roten Plüsch eingerichtet hat. In
Kollegenkreisen wird der Mann geschätzt, darum auch die vielen attraktiven Jobs im Vorprogramm. Für
den großen Schritt ins Rampenlicht fehlt auch auf der dritten Platte “Coles Corner” das zwingende
Element. Denn stimmt das Umfeld nicht – Bier statt Wein und Sonnenschein – ist’s mit der Wirkung
dahin.
weitere Platten
Holow Meadows
VÖ: 11.09.2015
Standing At The Sky's Edge
VÖ: 04.05.2012
Truelove's Gutter
VÖ: 18.09.2009
Lady's Bridge
VÖ: 17.08.2007
Lowedges
VÖ: 10.02.2003