Es sind nicht nur ausführliche Gespräche mit den heranwachsenden Töchtern, die Frontmann Tim McIlrath dazu bewegt haben, den mittlerweile hohlen Mythos vom amerikanischen Traum einmal mehr zu hinterfragen. Längst umfassen die Reihen der Rise Against-Fans mehrere Generationen, doch was ist für Generation Y und Z überhaupt noch möglich und wo ist ihr Platz in der Welt? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Titelsong zu gewohnt mitreißendem Sound aus Punk mit Popeinschlägen, untermauert von treibendem Melodycore der Rhythmusfraktion. Es ist keine Überraschung, dass Rise Against dieser Linie treu bleiben, dennoch gelingen ihnen die Feinheiten im Zusammenspiel von Melodien und Ausbrüchen wieder sicherer als auf dem teils unbeholfen wirkenden Vorgänger “Wolves”. Auch McIlraths Songwriting ist fokussierter auf die Zwischentöne der zahlreichen Gefühle und Stimmungen, die er aus Gesprächen und Beobachtungen filtert. Deutlich wird das in Songs wie “Sudden Urge”: “That’s when I close my eyes and a sudden urge to watch this whole town burn”, singt McIlrath da, Ausdruck eines Frusts, in dem sich fast jeder wiederfinden kann. Doch wie geht man damit um? Sind die, die am lautesten schreien, vielleicht nur so laut, weil sie das Gefühl haben, dass niemand sie hört, fragt er kurz darauf in “Talking To Ourselves”. Dass die Intensität der leisen Töne eine weitere Stärke von Rise Against ist, ist spätestens seit dem Stadion-Sing-Along “Hero Of War” bekannt, und so ist auch “Forfeit” eine hymnische Kampfansage gegen Einsamkeit und emotionale Isolation: “If you won’t let me in/ Ill just wait outside” heißt es da zu Akustikgitarren und dezenten Streichern. “Monarch” erzählt anschließend zu schnellen Punkgitarren vom Aussteigen und dem manchmal notwendigen Schritt zurück, wenn man sich verrannt hat. Wie gut die einzelnen Songs dramaturgisch ineinandergreifen, zeigt “Sooner Or Later”: “Seems were always in the way/ No matter where we choose to stand”, fasst McIlrath zusammen, bevor er zu peitschender Snare und aufbrausenden Punkgitarren “Our precious time is running” faucht – hin und hergerissen zwischen Wut und Hoffnung. Trotz der scheinbaren Aussichtslosigkeit liegt darin auch ein Versprechen, das Rise Against seit zwei Jahrzehnten zuverlässig einlösen: die Hoffnung wiegt immer mindestens ein Gramm mehr als das Gefühl der Verlorenheit, denn gemeinsam verloren zu sein, heißt noch lange nicht allein zu sein.
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VÖ: 27.07.2018
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