Der Wahlmünchener Ron Flieger führt eine Doppelexistenz, verschreibt sich neben einem Medizinstudium mit Vehemenz der Musik. Anderen in seiner Lage würde es vielleicht genügen, Lieder und Texte zu schreiben, um sie bei privaten Anlässen auf der Gitarre zum Besten zu geben. Ron Flieger sucht die große Bühne. Er gründet ein eigenes Label, gewinnt Mario Thaler als renommierten Co-Produzenten, Martin Gretschmann a.k.a. Console für den Remix des Openers “Wiedermal” und Rough Trade als Vertriebsorgan des Ganzen. “Anders wohl kaum” ist als Debüt grundsätzlich ein vorzeigbares Ergebnis, doch wirkt der Anzug oft zu groß geschneidert. Gelungen sind die Passagen mit reduziertem Instrumentarium. Dann bekommt Ron Fliegers Stimme mehr Raum, die warm und angenehm klingt und es nicht verdient, vor der Wand aus Deutschrock mit Indie-Appeal zu verblassen zu müssen. Denn den Songs, handwerklich sauber, fehlt das Quäntchen Eigenständigkeit, das sie unverwechselbar machen könnte, und so vermögen sie nicht auf Albumlänge zu fesseln. Die Texte, poetische Reflexionen über alltägliches Leben, sind – und das ist positiv gemeint – die unspektakulären Höhepunkte des Albums.