Rose Kemp
A Hand Full Of Hurricanes
Text: Dennis Plauk
Wäre Rose Kemp keine blutjunge singende Gitarristin aus England, sondern Politikern, hätte sie wahrscheinlich einen Imageberater, der ihr zur Profilschärfung riete. Weil sie aber keine ist und keinen hat, sagt Rose Dinge wie: “Ich kenne keine Grenzen beim Musikmachen und schreibe meine Songs für niemanden als mich selbst.” Das nennt man dann “sich unter Wert verkaufen” und ärgert sich ein bisschen drüber. Denn Rose Kemp ist Sturkopf genug, um ihr zweites Album auf eigene Beine zu stellen, auch wenn es wilde Assoziationsketten von PJ Harvey über Björk (ca. “Medúlla”) und Kim Gordon bis zu “Jeff Buckleys kleine Schwester” in Gang setzt. Rüberschielen tut schließlich jeder mal. Hätten wir es hier mit einer Comedy-Platte statt mit pechschwarzem Indierock zu tun, wären Kemps Trademarks der Running Gag: ihre Gitarre, die Kanten schafft und Piekser macht, wo sie mal wieder um eine Vierteltonart abrutscht; ihre Stimme, die sie in aller Brüchigkeit regelrecht bloßstellt, wenn die Instrumente plötzlich schweigen. Alles natürlich so wohldosiert, dass es nie die Schwelle zur Kakophonie nimmt, schließlich will Rose “so viele Menschen mit meiner Musik erreichen, wie ich kann”. Nein, das haben wir erfunden (hoffentlich). Besser muss sie nicht werden, nur etwas frecher. Aber das ist ja der unschlagbare Vorteil, den Profil vor Talent hat: Man kann’s lernen.