Rufus Wainwright
All Days Are Nights: Songs For Lulu
Text: Britta Helm
Die Frage, ob es nicht noch ein paar Sterne weiter gehe, erübrigt sich bei Rufus Wainwright, der mit “All Days Are Nights: Songs For Lulu” den Tod seiner Mutter verarbeitet. Die wichtige Antwort ist sowieso, dass Schall und Rauch sich angesichts dessen, was der Kanadier aus den Vorbildern und dem eigenen Schmerz macht, augenblicklich legen. Da sind die drei Sonette, deren altenglische Texte er nicht selbst geschrieben hat und die er trotzdem vorträgt, als gehörten sie ihm. All days are nights to see till I see thee/ And nights bright days when dreams do show thee me. Da ist viel Klavier, das Wainwright angeblich gar nicht so gut spielen kann und mit dem er trotzdem alles ersetzt, was seine Alben sonst opulent macht. Reduziert und minimal ist dieses Experiment eines überwältigten Künstlers auf keinen Fall, dafür ist auch ein einzelnes Klavier viel zu schwer.
Privater, das schon, eben keine Judy Garland und keine Meta-Oper, dafür ein Song, der heißt wie Wainwrights Schwester Martha, und ein anderer, in dem er singt: My mothers in the hospital, my sisters at the opera/ Im in love but lets not talk about it. Das feuchte Auge auf dem Cover ist seins. Aber wo andere zu tief ins eigene Fleisch schneiden würden, um Songs herauszuholen, die peinlich berühren, bleibt Wainwright bei aller Traurigkeit professioneller Musiker. Der Opener “Who Are You New York?” ist auch ohne Mitleid eine Broadway-würdige Ode an die verwirrende Stadt, kein Entwurf, der zum Drama Pauken und Trompeten bräuchte, sondern ein erwachsener Song, der keine fremden Federn nötig hat.
Artverwandte
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