Emma Ruth Rundle
May Our Chambers Be Full (mit Thou)
Text: Martin Burger
Post-Rock bei Red Sparowes, Shoegaze-Post-Punk bei Marriages, später die Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann Evan Patterson auf seinem Jaye-Jayle-Album “No Trail And Other Unholy Paths” und ihrer Soloplatte “On Dark Horses”: nur eine willkürliche Auswahl aus Emma Ruth Rundles vielen Projekten. Der Gitarristin, Sängerin und Malerin steckt die künstlerische Kooperation in der DNA. Man weiß nie, was sie als nächstes mit wem macht und wie sie dabei klingt. Dass sie dieses Jahr als eine Kuratorin des Roadburn Festivals hätte in Erscheinung treten sollen, war darum eine maximal aufregende Meldung und nach der Absage des Festivals maximal schade. Geplant war im Rahmen ihres Programms “The Gilded Cage” neben einer Red-Sparowes-Reunion die Aufführung einer Gemeinschaftsarbeit mit den ähnlich umtriebigen Thou. Rundle und die Doom-Sludge-Band aus Louisiana kennen sich vom vergangenen Jahr in Tilburg, als sie gemeinsam Misfits– und Cranberries-Songs, aber auch das gemeinschaftlich entstandene “Ancestral Recall” performten. Das Stück, das “May Our Chambers Be Full”, dem jüngsten Beitrag zur langsam wachsenden “Alliance Series” von Sacred Bones (unter anderem Marissa Nadler & Stephen Brodsky) vorausgeschickt wurde, hat viel von ihr, sprich Post-Rockige Gitarren und entrückten bis gebieterischen Gesang, und einiges von Thou: tiefgestimmte Riffs, wilde Schlagzeugspuren, dazu ein Heulen, das nachts unterm Kopfhörer am Nervenkostüm zerrt. Und trotz leichtem Rundle-Überhang wird aus zwei Seiten eine einzige, ähnlich wie Dark Buddha Rising und Oranssi Pazuzu zum Waste Of Space Orchestra verschmelzen: schwer zu berechnen, dunkel, große Tonkunst, an der lange geknabbert werden muss, soll sie entschlüsselt vor einem stehen. Wobei für die sechs weiteren Songs wohlgemerkt das gleiche gilt. Ausgenommen vielleicht der Opener “Killing Floor”, der einen glimpflich davonkommen lässt, aber im hinteren Klangraum schon den kommenden Wahnsinn birgt. Sich auf “May Our Chambers Be Full” in seiner Gesamtheit einzulassen, erfordert Zeit und optional Interesse an der textlichen Ebene, die “mentale Traumata, Existenzkrisen und die ekstatische Tradition der Ausdruckstanz-Bewegung” verbinden soll, so die offizielle Info. Auf Erläuterungen kann man indes lange warten, denn in der Coda des neunminütigen Schlussstücks “The Valley” warten lediglich die Gewissheiten, dass das hier noch mehrere Male von vorn gehört werden will – und im ohnehin beeindruckenden Schaffen beider Parteien einen Meilenstein darstellt.
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