Der mittlerweile nach London ausgewanderte Songwriter hat vor “Bright Sunny South” drei Alben veröffentlicht, auf denen er US-Traditionals und -Standards in eigene Versionen umwandelte, die nicht mehr viel übrig ließen vom Ausgangsmaterial. Seine neue Platte behält diesen Ansatz bei, erweitert ihn aber um ein Mariah-Carey-Cover und einen Song, den Amidons Eltern Ende der 70er geschrieben haben. In der Regel führt das zu eigenbrötlerischen Liedern, die nach geschlossenen Augen und Schneidersitz klingen – wenn Amidon und seine Musiker also in der Albummitte “Hes Taken My Feet” als richtige Rockband zerstören, tut das nicht nur dem Song weh. Drum herum hört man Finger auf Gitarrensaiten quietschen, Amidons Gesang, der zwischen Verzweiflung und Schläfrigkeit undefinierbar bleibt, und mehrmals die schallgedämpfte Trompete von UK-Jazzveteran Kenny Wheeler. In “As I Roved Out” zuckelt das Banjo wie bei Sufjan Stevens vor zehn Jahren, das bereits erwähnte Carey-Cover “Shake It Off” enttarnt durch Verlangsamung und Weglassen des Everybody just bounce, bounce, bounce-Intros einen trotzigen Beziehungsenden-Song, und “Weeping Mary” versucht am Ende so etwas wie Unsichtbarkeits-Jazz. Amidon hat also viel auf der Palette und bringt erstaunliche Variationen in der einheitlichen Besonnenheits-Stimmung von “Bright Sunny South” unter. Anders als auf dem drei Jahre alten Vorgänger “I See The Sign”, der absolute Notwendigkeit ausstrahlte, gibt es allerdings diesmal auch Songs, die nach den Fingerübungen eines talentierten, aber unterforderten Musikers klingen.
weitere Platten
I See The Signs
VÖ: 23.04.2010