Nachdem Sasami Ashworth die Monate vor der Pandemie damit verbracht hatte, den sacht verträumten und enorm eingängigen Indierock ihrer Debüt-LP zu betouren, stand ihr der Sinn für ihr Nachfolgealbum vor allem nach einem: Sie wollte eine größere stilistische Bandbreite abbilden und lauter werden. Und so schön ihr Debüt auch gewesen sein mag – sie hat auf “Squeeze” ihr Ziel und damit eine neue, deutlich komplexere Qualität erreicht. Die inhaltliche Basis für Sasamis Album bildet eine Kombination aus teilweise persönlich motivierten sozialpolitischen Aspekten wie Geschlechtergerechtigkeit und Rassismus, aber auch ein Fabelwesen aus dem japanischen Volksglauben, Nure-onna, das auf dem Cover abgebildet ist. Diese breitgefächerten Themen führen zu einem verqueren, kantigen, aber auch kraftvollen musikalischen Mix, der im Laufe der elf Songs zu weiten Schlenkern ausholt und gängigen Hörgewohnheiten zweifellos wenig entspricht. Er reicht von Folk- und Synthie-Pop über Heavy Rock bis zu Industrial Rock – und jeder Stil scheint für Sasamis künstlerische Emanzipation bewusst gewählt und notwendig zu sein. Denn “Squeeze” ist viel mehr als eine Schau von beeindruckender Handwerkskunst oder eine willkürlich gewählte Sammlung von Songs. Es ist ein Album, dessen komplexer Aufbau zwar herausfordernd, aber für Sasamis Ideen und Anliegen alternativlos ist. Das führt in seinem Verlauf zu diversen krassen Stil- und Stimmungswechseln, etwa vom beschwingten Indierock-Song “Make It Right” zur Hardrock-Dampfwalze “Sorry Entertainer”. Und gerade die härteren Songs des Albums wie “Say It” oder “Need It To Work” sind in ihrer kratzigen Eigensinnigkeit unerwartete wie verblüffend radikale Höhepunkte. “Squeeze” wird dadurch natürlich noch lange nichts für Hardrock-Traditionalisten. Für Sasami ist es Befreiungsschlag und Akt der Selbstermächtigung zugleich, vielleicht auch Ausweg aus der Indie-/Folk-Falle. Für ihre Fans wird das Album vor allem zu einer aufregenden Reise in Gefilde, in denen sich schon lange keine Indie-Künstlerin mehr aufhielt. Teilweise betritt Sasami sogar gänzlich unentdecktes Terrain. Das kann arglose Zuhörende zugegebenermaßen überfordern und verlangt ein großes Maß an Aufmerksamkeit und Hingabe. Wer diese Grundvoraussetzungen mitbringt, dem eröffnet sich ein Album von einer künstlerischen Klasse, die in diesem Jahr wahrscheinlich ohne gleichen bleiben wird.
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