Scott Ian
Swearing Words In Glasgow (DVD)
Text: Martin Iordanidis
Während die New Yorker Moshmänner mal wieder ihre 80er-Heydays mit der Live-DVD “Chile On Hell” aufleben lassen, tut Ziegenbart das, was Ü50-Rockstars zusteht: Memoiren schreiben. In seiner gedruckten Autobiographie “Im The Man” sind immer noch nicht alle Geschichten aus 30 Jahren Heavy-Metal-Zirkus verwurstet. Deshalb nimmt der inflationär fluchende New Yorker uns mit zwei wackeligen Kameras und anderem Underground-Charme mit vor die braunen Backsteinwände, die die Spoken-Word-Welt bedeuten. Typische Anfängerfehler der Spaßmacher-Branche – auf die Füße starren, das Timing verpennen und Zwischenrufer ungelenk abwimmeln – verzeihen die anwesenden Anthrax-Fans ihrem Scott natürlich gerne. Prosits mit Iron-Maiden-Bier und nette Worte über den anderen sympathischen Engländer (Lemmy) erledigen den Rest. Aber letztlich punktet Scott Ian mit haarsträubenden Anekdoten, die bisher nur an Tresen und in Tourbussen erzählt wurden. Am Ende weiß man meist auch warum. Hintermalt von Karikaturen auf einer Leinwand nimmt Ian uns alle mit: zu seinem ersten Vollrausch (mit Lemmy), in braune Unterhosen, Fieberträume mit alten SS-Ärzten, zum miserablen jüdischen Zeremonienwein und auf einen Pornodreh mit Steven Spielberg. Bilderreiches Erzählen beherrscht Scott Ian auch ohne große Gesten, schließlich wurden all diese Geschichten schon dutzendfach hinter vorgehaltener Hand erzählt. Falls “Swearing Words In Glasgow” mit irgendwelchem Bonusmaterial aufwarten sollte: wir wünschen uns die passenden peinlichen Partyfotos, von denen Menschen hoffen, sie mögen nie auftauchen.