Postrock ist Koordination. Perfektes Timing. Wenn alle Effektketten durchlaufen sind, jede Instrumenten-Kombination probiert wurde und auch der letzte Produzententrick gegriffen hat – wenn also alle Vorbereitungen getroffen sind und die Musik für sich sprechen muss, ist Postrock Koordinationssache. The goal is not to make the animals happy, das Ziel heißt, sich aufs Äußerste abzustimmen. Denn Postrock hat ein Problem: Man kann ihn sich schlecht merken. Selbst wenn Gesang hinzukommt – wie sporadisch auf dem dritten Album der Band Seidenmatt: Ohrwürmer gebiert der Postrock keine. Doch er setzt Marken, dank denen man ihn wiedererkennt. Es sind diese Momente, an denen sich die verschleppten Rhythmen, der sparsame, doch wirkungsvoll akzentuierte Bass und die stürmischen Gitarrenwirbel erst aus den Augen verlieren – um dann wie aus dem Nichts eins zu werden. Das meint Koordination im Postrock: Jedes seiner Elemente hat ein Auge auf das andere, jedes entfernt sich nur so weit, dass es auf Zuruf eng bei den anderen steht. Postrock, das ist die Kunst der permanenten Auseinander- und Zusammendriftens, und es gibt wenige Bands in Deutschland, die sie so selbstverständlich beherrschen wie Seidenmatt. Wenn es nicht gerade Telepathie ist zwischen den vier plus X Berlinern (für die sie ja nichts könnten), kann man nicht anders als den Hut ziehen vor so viel Tightness. Jede Note sitzt, wo sie sie haben wollen, kein Ton wirkt zufällig platziert. Und doch bleibt der Musik Luft. Starr, unspontan oder ums Verrecken kalkuliert klingt nichts – und es half Seidenmatt mit diesem Album, keine Stilverbindung zu scheuen: “The Goal Is To Make The Animals Happy” setzt Postrock mit den Mitteln von New Wave, Folk, Ambient, Acoustic und Electronica in Szene, ohne am Schluss ein heillos überfrachtetes Flickwerk zu ergeben. Die kleine Erkenntnis dieser Platte ist: Sobald Gesang hinzukommt, klingen Seidenmatt wie eine Oldschool-Indierockband aus Amerika (selbstverständlich gut). Die große Erkenntnis ist: Sie haben Überblick und wissen in jedem Moment, wohin sie mit sich und der Musik wollen. Seidenmatt sind Organisationstalente und so bestens aufgehoben in der sensibel zu choreografierenden Musik, die man Postrock nennt – aus Mangel an einem besseren Wort und im Wissen, dass Freigeister wie sie ihrem Stil am liebsten gar keinen Namen gäben.