Eine Werkschau aus dem Land der aufgehenden Sonne und unmöglichen Bandnamen: Man setzt den Sake ab, kratzt sich am Kopf und fragt: Warum erst jetzt?
Nicht, dass man die japanische Frauenband nicht durchaus eher, und ausdrücklich ohne Exotenbonus hätte wahrnehmen können: Seit 1993 haben die Ladies um Gitarristin und Sängerin Aiga in ihrer Heimat schon tonnenweise Releases rausgehauen, wie der Blick auf die Webseite belegt. Stilistisch klingt vieles (z.B. der Opener “Sentimental Journey”) erst mal nach Hole, deren Frontlady Courtney auch zu den erklärten Fans von Seagull SKHKH (welch ekelhafte Abkürzung) gehört, bei näherer Betrachtung lässt sich aber noch einiges mehr an Potenzial und stilistischer Bandbreite erahnen. Etliche der 18 Tracks wie z.B. “Pink Soda” konnte man sich Mitte der 90er gut als Hit für die Post-Grunge Disco vorstellen, heutzutage wirkt – ohne den entsprechenden zeitlichen Hintergrund – manches natürlich erschreckend antiquiert. Da, wo Seagull SKHKH allerdings die klassischen Rockschemata zugunsten von Noiserock-Experimenten (“Count 0 Number 1”), sauber platzierter Elektronik und sogar Country (sehr schön: “If I Happen To Fall Down(In Your Arms)”) verlassen, werden Unterlassungssünden europäischer A&R-Manager offensichtlich. Reichlich schade, dass man bei einem solchen Backkatalog lediglich ein leicht unausgegoren zusammengestelltes Compilation-Album erhält: Man kann nur ahnen, dass man wohl einiges verpasst hat.