Im Marathonprogramm von Serj Tankian ist Harakiri eine Fußnote – aber eine wichtige für System-Fans.
Harakiri ist das erste von vier Alben, das Tankian innerhalb der nächsten Monate veröffentlichen wird und das Einzige, das man getrost als Rockalbum bezeichnen kann. In naher Zukunft wird der nicht zu bremsende Sänger von System Of A Down lieber seiner Vorliebe für Jazz und Elektronik frönen, bevor er mit Orca seine erste Klassik-Sinfonie veröffentlicht. So viel zur Zukunft, und nun zurück in die Gegenwart und zu Harakiri, einem Album, auf dem sich Tankian seinen Lieblingsthemen zuwendet: Ökonomie, Ökologie, der Gesellschaft im Allgemeinen, deren Umgang mit sich und der Umwelt im Besonderen, Korruption, Religion und Liebe, stets angereicht mit einer Prise Humor. Das musikalische Vehikel, mit dem er seine Inhalte transportiert, hat Tankian dabei schön dunkel angemalt, mit sphärisch-synthetisch wabernden Rock-Hymnen betankt und mit seinen futuristischen Hybriden die Oldtimer von Faith No More und White Zombie überrollt. Elf Stücke sind auf Harakiri enthalten; allesamt Songs, mit denen Tankian weder künstlerischen Selbstmord begeht noch kreativ ausblutet, sondern seinem an Meilensteinen nicht armen Gesamkunstwerk ein weiteres interessantes Kapitel hinzufügt. Es ist also auch weiterhin davon auszugehen, dass das experimentierfreudige Multitalent bei seinem Tanz auf allen Hochzeiten nicht ins Straucheln kommt.
9/12 Flo Hayler
Von einem der auszog, sich lächerlich zu machen. Serj Tankian begeht musikalisches Harakiri.
Eigentlich müsste man Serj Tankian dankbar sein. Dafür, dass er nicht erneut nur pompöse Streicherarrangements mit unzeitgemäßen Breakbeats auf unerträglich armselige Art und Weise zusammengepanscht hat. Eigentlich ist Harakiri aber auch nicht mehr als ein schlechter Witz. Hinter einem Cover, das aussieht, wie Tankian sich wohl die 80er vorstellt, verbirgt sich ein Kessel Buntes, für den er alle Reste und offenen Enden seiner bisherigen Karriere zusammengekratzt hat. Mit Verve umgerührt und zampanoesk intoniert, geht es in die nächste Runde folkloristisch angehauchten Metal-Pop-Irrsinns. Cornucopia ist sogar nicht schlecht. Vielleicht, weil Tankian die Griffel vom Zutatenregal lässt. Für Figure It Out bedient er sich bei White Zombie während er jammert, als hätte er sich seine Hoden im Reißverschluss der Anzughose eingeklemmt. Von da an geht es nur noch bergab. Kitsch, Quatsch, auf Dauer unerträgliche Theatralik und durchgenudelte Einfälle von der System-Of-A-Down-Resterampe: Harakiri, Kamikaze, Tralala. Doch dann: Billo-Konservenbeats plus weibliches Background-Gejaule plus ein Rap, in den Tankian so handliche Wörter wie equinox einbaut. Es wäre fast schon lachhaft, wenn es nicht so traurig wäre, wie sich Tankian mit Anlauf und selbstbewusster Übermotivation erneut zum Affen macht.
4/12 Jan Schwarzkamp
Artverwandte:
Mr. Bungle – “Disco Volante”
Les Claypool – “Of Whales And Woe”
Frank Zappa – “Sheik Yerbouty”
Serj Tankian – “Harakiri”
Mehr Videos von Serj Tankian gibt es hier auf tape.tv!
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