Serj Tankian
Imperfect Harmonies

Theorie oder Praxis? Kunst- oder Handwerk? Es ist schon ärgerlich, dass man sich entscheiden muss, wenn man vorher beides zusammen bekommen hat. Zugegeben, es ist nicht so schwarz und weiß wie gerade dargestellt, wenn man über Daron Malakian inklusive seiner Scars On Broadway und über Serj Tankian spricht.

Doch auch das zweite Studioalbum des engagierten Sängers macht deutlich, dass er weiter experimentieren will, wenn es um den Sound geht, und dass ihn da nicht unbedingt die Rockgitarre reizt. Wer darauf wert legt, ist bei Malkian nach wie vor deutlich besser aufgehoben. Doch diesem fehlt halt der geistige Überbau, die Tiefe und auch das Erhabene, das Tankians Person und Werk ausstrahlen.

Auf “Imperfect Harmonies” baut er nun mit einer wahren Orchesterwand den Druck auf, der früher von der klassischen Rockbesetzung kam. Zusätzlich ergänzt er das Ganze stimmig mit elektronischen Sounds und Beats. Überhaupt kann man ihm zum sorgfältigen Arrangement des Albums gratulieren. Die von Tankian gewohnten progressiven und folkigen Passagen fehlen ebenso wenig wie die politischen und philosophischen Texte, die ebenso zu erwarten waren wie manche Reime (“hypocrisy”, “aristocracy”, “democracy” in “Boarders Are” – “toxicity”, anyone?).

Der eher unspaßige Theatralik-Faktor bleibt ebenso. Dieser kann zwar auch bewegen wie in “Gate 21” oder “Wings Of Summer”, aber nicht umsonst hat man wohl das System-typischste Stück “Left Of Center” als Single ausgekoppelt: Schöner wäre doch das Beste aus zwei Welten. Wieder vereint in einer Band.