Zusammen mit ihrem langjährigen Produzenten Ben Hillier hat Shah eine Klangsprache entwickelt, die Zeitlosigkeit in sich trägt. Zwischen Northern Soul und der zutiefst zerbrechlichen Indie-Sensibilität der 80er bestimmt eine vor Vibrato geradezu berstende Stimme die Szenerie. Als hätte es Eartha Kitt und Horace Andy nie gegeben, überzeichnet sie jedes Silbenende und bohrt damit Zeile um Zeile in unser Bewusstsein. Hillier spielt mit Bildern seiner bisherigen Arbeiten mit Elbow, The Doves und in gewisser Weise auch Depeche Mode. Elegante Produktion trifft auf schräge Ideen: Blockflöten, schlecht gestimmte Synthesizer und Klaviere, nervtötende Details, die den Hörer gefangen nehmen. Dass diese Musik überhaupt funktioniert, verdankt sie ihren Melodien und Shahs einzigartigem Timbre. In diesem Aufbau erzählt sie Geschichten von Frauen und Frauenbildern. Vom Druck, der auf Frauen lastet, von Traditionen rund ums Kinderkriegen und den sozialen Implikationen für Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden. Zwangsläufig ist “Kitchen Sink” damit zur persönlichsten Platte der Mittdreißigerin geworden. Quasi als Sprachrohr eines großen Kreises von imaginären Freundinnen macht sie sich in “Ladies For Babies (And Goats For Love)” über den Ehemann lustig, der von ihr erwartet, seine Kinder auszutragen. In “Club Cougar” richtet sich ihr Blick auf zumeist sexistisch motivierte Altersdiskriminierung gegenüber Frauen. Überhaupt nimmt sich Shah Sexismus in all seinen Formen vor. Gleichzeitig nehmen sich einige Songs wie “Buckfast” rhythmisch dermaßen lasziv aus, dass man sich zu keinem Zeitpunkt wirklich sicher sein kann, woran man ist. Zentrales Thema des Albums sind jedoch die Frauengeschichten, die Shah mit der Zeit erzählt bekommen hat: Frauen, die Kinder bekommen möchten, aber nicht können. Frauen, die sich bewusst dagegen entscheiden. “Alte” Frauen mit der Power von Zwanzigjährigen und umgekehrt. “Shave my legs/ Freeze my eggs/ Will you still love me when I’m old?”, ist eine der eindringlichen Strophen in Trad, die Hörern und Hörerinnen mit ein paar Wörtern die Aufgabe zur Selbstreflektion erteilen. Im Titelsong, der zwischen Massive Attack unplugged und Richard Hawley pendelt, schüttelt Shah das Getuschel und die Vorurteile ihrer Umwelt ab, um sich in allem selbst zu bestimmen und neu zu definieren – mit einem Album, das in eben diesem Geist vollkommen eigenständig klingt.
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