Shearwater
The Golden Archipelago
Text: Benjamin Adler
Nicht, dass man etwas anderes erwartet hätte als ein weiteres Donnerwetter der Emotionen. Der einzige ausgelassene Moment der Platte ist dann auch der trällernde Chor direkt zu Beginn, der aber sofort verstummt, wenn sich die erste bedrohliche Soundwand vor ihm auftürmt. Dann läuft es wie immer: Alles oder nichts, Leben oder Tod. Jonathan Meiburg ist ein Meister der Verzweiflung, ein schwarzer Magier unter den Songschreibern. Auch “The Golden Archipelago” spielt in seinen besten Momenten in einer Liga mit unantastbaren Größen wie Thom Yorke oder Jeff Buckley, vergisst aber selbst in lawinenartigen Songs, die jegliche Genre-Grenzen unter sich begraben wollen, niemals seine Folk-Wurzeln. Schon die entrückten Songgemälde von “Winged Life” und “Palo Santo”, aber auch die schiere Urgewalt von “Rook” haben gezeigt, wozu diese Band in der Lage ist: Ein von der Dunkelheit umschlungenes Piano und eine untrennbare Symbiose aus Schlagzeug, Bass, (Akustik-)Gitarre, mehr brauchen Shearwater nicht, um eine Atmosphäre zu erschaffen, die so manche Postrock-Band mit zwölf Musikern und drei Jahren Studioarbeit nicht hinbekommt. Über allem thronen wunderschöne, eigenwillige Moll-Melodien von Meiburg, bei denen man sich fragt, wie viele davon er noch aus dem Zylinder zaubern kann, ohne sich zu wiederholen. “The Golden Archipelago” ist noch abwechslungsreicher und dynamischer als seine Vorgänger. Ob nun aus den Tiefen der Erde kommend wie im grollenden “Corridors” oder mit dem Kopf in den Wolken wie im vernebelten “An Insular Life”: Diese Songs haben Dinge gesehen, die sich andere gar nicht vorzustellen vermögen.
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