Shirley Holmes
Mein bestes Selbst
Text: Julia Köhler | Erschienen in: VISIONS Nr. 383

Bestes Beispiel: Shirley Holmes schreiben ganz lässig den wohl ersten Hit zum Wort Ambiguitätstoleranz. Auf “Mein bestes Selbst” bleibt dieses Songwriting-Kunststück im catchy Closer “Verstärkung” aber kein Einzelfall.
Die vielen finsteren Soundwände bilden eine knisternde Kulisse für Songs über Gentrifizierung (“Koks oder Käse”), selbstverliebte Menschen (“Wanna Fck Your Reflection”) oder den Überdruss an schlechten Nachrichten (“Frage für einen Freund”). Damit sind Shirley Holmes immer das, was man unter „relatable“ im Wörterbuch findet, dazu aber nie um eine smarte Zeile verlegen: „Menschen, die mit Häusern spielen, machen mich nervös“ oder auch „Alle haben Hobbys und ich habe Angst“ sind nur zwei Beispiele von vielen, mit der sie die Absurdität der Gegenwart auf den Punkt bringen.
Die Wut über diese Umstände poltert im Prokrastinationssong “Übermorgen” noisig um die Ecke, kommt bei all dem Lärm aber glücklicherweise nicht ohne die bekannten Gesangsharmonien und Backing-Vocals aus. Die Kirsche auf der Sahnehaube: Der Mix aus englischen und deutschen Texten hat ebenfalls überlebt. Auf der einen Seite Angst und Noise, auf der anderen Zusammenhalt und aufputschende Chöre – das verdient jede Ambiguitätsbegeisterung.
Das steckt drin: 24/7 Diva Heaven, Alarmsignal, Hole
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