Stefan Reichmann, Organisator und Mäzen des herrlichen Haldern Pop-Festivals und ein ebenso emsiger Unterstützer der belgischen Musikszene wie der Autor dieser Zeilen, war mal wieder erster: Schon letztes Jahr spielte Frederic Sioen auf seinem Festival. Wie immer hatte Reichmann da einen guten Riechmann, denn das zweite Album des 24-Jährigen ist die beste dEUS-Platte, die dEUS nicht gemacht haben. Mindestens. Begleitet von einer fantastisch dichten, warmen und lässig agierenden Band schreibt Sioen Songs voller Melancholie und Tiefe, die in einer unaufgeregten Weise aber gleichzeitig viel Hoffnung und Zuversicht bergen. Sioens Überzeugungskraft liegt im Zitieren, ohne dabei je zum Plagiat zu mutieren: Das Piano und die Melodie-Auffassung von Ben Folds, die Nonchalance und songschreiberische Stärke eines Beck aus der “Sea Change”-Phase, die Geigen und gelegentlichen instrumentalen Schräglagen von dEUS oder Zita Swoon, die immer wieder ausbrechende Wut und Wucht eines Kaizers Orchestra und ein Songverständnis der puren, klassischen Schönheit, wie wir es zum Beispiel von Aqualung kennen. Sioen beherrscht diese feinen Nuancen des Besonderen wie ein Virtuose. Damit wurde er daheim aus dem Stand ein kleiner Superstar: das Album stieg bis auf Platz 2 der heimischen Charts. Hier sollte es zumindest für einen Achtungserfolg reichen – verdient hätte er ohnehin deutlich mehr.
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A Potion
VÖ: 18.05.2007