Sleater-Kinney
Path Of Wellness
Dabei gäbe es zur Veröffentlichung von “Path Of Wellness” viel zu klären. Warum produziert die Band ihre zehnte Platte auf einmal selbst, nachdem sie sich auf dem Vorgänger so enthusiastisch in die Zusammenarbeit mit St. Vincent gestürzt hat? Warum hat Schlagzeugerin Janet Weiss wirklich die Sticks hingeschmissen, und wo hat die Band auf die Schnelle gleich mehrere Drummer:innen aufgetrieben? Und warum machen zwei Musikprofis wie Carrie Brownstein und Corin Tucker so einen Quatsch und eröffnen ihr neues Album mit einem Titelsong, der alles will und wenig zu Ende denkt? Immerhin: Die musikalische Zerrissenheit zwischen Synthies, Kuhglocken, Percussion, effektbeladenen Gitarren und dem charakteristischen Gesang wird auch textlich mit dem Zeilenpaar “You can never love me enough” und “I’m on a path of wellness” aufgefangen. Nach echter Heilung klingt das Stück zwar nicht, aber es zeigt enorm gut, dass Sleater-Kinney den Mantel des Mysteriösen ein Stück weit abgelegt haben. Ob jetzt mit “I’m singing about love/ And it’s always coming out like hate” aus “Method” oder “I like those complex female characters/ But I want my women to go down easy” aus “Complex Female Characters”: Worum es der zum Duo geschrumpften Band thematisch geht, wird mehr als deutlich. Das kann und sollte man der Band allerdings nicht anlasten, manche Dinge spricht man besser klar aus als sie in wohlfeile Metaphern zu packen. Etwas verkopfter und verschlungener wird es dafür auf instrumentaler Ebene. Zwar bleiben die Rick-Wakeman-Gedächtnissynthies zu großen Teilen im Giftschrank, dafür lassen sich Tucker und Brownstein gefühlt auf jedem Song eine neue Gitarrenklangfarbe und einen neuen, mal knarzigen, mal spacigen Effekt einfallen. Das zerrt ein wenig an der akustischen Verleimung, aber letztlich hält sie dem Gerüttel stand – ein kleines Wunder bei einer Platte, die zwischen sonnigen Doo-Wop-Grooves (“Method”), Psychrock (“Worry With You”) und relativ straight eingespielten Rockstampfern (“Down The Line”) pendelt. Daran merkt man aber auch, dass Tucker und Brownstein Meisterinnen ihres Fachs sind. Wem Sleater-Kinney auf “The Center Won’t Hold” zu poppig und glattgebügelt waren: Bitte schön, hier kommt das Gegengift in Form von elf wundgeschubberten, wild zusammengekleisterten Indierock-Stücken, die die Band vor 20 Jahren nicht besser hätte schreiben können.
Das steckt drin: The Donnas, The Julie Ruin, Screaming Females
weitere Platten
Little Rope
VÖ: 19.01.2024
The Center Won't Hold
VÖ: 16.08.2019
Live In Paris
VÖ: 27.01.2017
No Cities To Love
VÖ: 20.01.2015
Start Together (Boxset)
VÖ: 24.10.2014
The Woods
VÖ: 24.05.2005
One Beat
VÖ: 20.08.2002
All Hands On The Bad One
VÖ: 02.05.2000
The Hot Rock
VÖ: 19.02.1999
Dig Me Out
VÖ: 08.04.1997
Call The Doctor
VÖ: 25.03.1996
Sleater-Kinney
VÖ: 30.11.1995