Das haben zugegebenermaßen noch nicht alle gemerkt: Gerade erst haben Sleigh Bells eine vielbeachtete Tour durch Florida absolviert, Liturgy und Diplo waren auch dabei, und glaubt man den Berichten der Augenzeugen, waren die Konzerte rauschhafte Großereignisse, bei denen ein absurdes Publikum aus Indierock-Schlaumeiern, Spring-Break-Trainingslager-Teilnehmern, Fratboy-Arschgeigen und True-Metal-Metallern zusammenkam. Letztere zahlten 25 Dollar, um sich mit ausgestrecktem Mittelfinger vor Liturgy hinstellen zu können, alle anderen, um sich am Ende vor Sleigh Bells und ihren “Infinity Guitars” hinknien zu können. Sängerin Alexis Krauss und Effektgeräte-Überwacher Derek Miller (ja, Ex-Posion-The-Well) fahren in der öffentlichen Wahrnehmung also gerade einen großen Siegeszug – “Reign Of Terror” legt allerdings nahe, dass sie sich bereits in der Ehrenrunde danach befinden. Das Album klingt im Prinzip wie sein Vorgänger, es ersetzt nur dessen Charme und Melodien durch noch mehr Grelles, Lautes und Stumpfes; hinzu kommt eine völlige Durchgestyltheit, die sich im einheitlichen Jeansjacken-und-Ray-Ban-Look der Band, dem gleichförmig aufgedrehten Sound der Platte und Booklet-Sätzen wie “Derek Miller exclusively plays Jackson guitars; Alexis Krauss exclusively eats strawberry pop tarts” zeigt. Millers Personalunion aus Eddie van Halen und Skrillex setzt dabei weiterhin Kräfte frei, die nur mit Stiefeltritten in Brillengesichter zu vergleichen sind. Was 2010 aber noch nach Höhe des Zeitgeists klang, geht einem 2012 in erster Linie auf den Geist.
weitere Platten
Texis
VÖ: 10.09.2021
Kid Krushev
VÖ: 10.11.2017
Jessica Rabbit
VÖ: 11.11.2016
Bitter Rivals
VÖ: 04.10.2016