Smashing Pumpkins
Adore (Deluxe Edition)
Text: Markus Hockenbrink
Unterm Strich trifft das Sprichwort von Träumen, vor denen man sich hüten muss, wahrscheinlich nur auf wenige Menschen zu. Die meisten von uns leben mehr oder weniger eine Variante des alten T-Shirt-Motivs: Birth, School, Metallica, Death. Da kann man nicht viel falsch machen. Billy Corgan dagegen, bis dahin nicht unbedingt ein Günstling des Schicksals, hatte sich anno 1996 ein Ego herangezüchtet, auf dem man “Aida” aufführen konnte. “Mellon Collie…” war einerseits die versilberte Teenage Angst, vor der Kurt Cobain immer gewarnt hatte, andererseits auch ein epochaler Triumphzug mit strategischer Reichweite und Riefenstahl-Aura. Tragik inklusive. Nach dem Drogentod von Tour-Keyboarder Jonathan Melvoin und dem damit verbundenen Rausschmiss von Jimmy Chamberlin hätte sich “Adore” eigentlich auf dem Tiefpunkt seiner Laufbahn abspielen müssen, aber Corgan nutze die Gelegenheit für einen beinahe traumwandlerischen Teufelsritt ohne Netz und doppelten Boden, der sich erst 16 Jahre später komplett rentiert. Was 180-Grad-Wendungen mitten in der Karriere angeht, beeindruckt die Platte nach wie vor, statt Orientierungslosigkeit und Overkill herrscht eine innere Einkehr, die ihre akustische Entsprechung in nachtschattigen Meditationen findet. Außerdem sind die einzelnen Songs stark wie Waisenkinder. “Adore” erscheint im Nachhinein wie eine Aufführung ohne Publikum, ein Gang durch die Kulissen, eine Gespenstergeschichte mit Happy End. Einzelgängerisch, instinktsicher und mutig. Gerade auf den Bonus-CDs zeigt sich Billy Corgan von seiner Schokoladenseite: die vielen unveröffentlichten Songs, Demos und Liveversionen wirken nicht redundant, sondern großzügig. “Let Me Give The World To You” ist immer noch die beste Pumpkins-Single, die es nie gab, “Heaven” die bittersüße instrumentale Zusammenfassung der ganzen Karriere, und “Ava Adore” im Puff-Daddy-Remix zeitgemäßer als es eigentlich sein dürfte. Für die Faktenjockeys: Die schicke Liebhaber-Box kommt mit 49 zusätzlichen Aufnahmen, zehn Live-Stücken, Mono- und Stereo-Versionen des regulären Albums und einem DVD-Konzert vom August 1998 daher. Als Geduldsprobe erweist sich lediglich das annotierte Booklet, auf dem Billy Corgan mal wieder in seinem Hintern verschwindet.
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