Sicher, der Kontrollverlust ist eigentlich der kleinste gemeinsame Nenner dieses Subgenres, das weder ideologisch noch ästhetisch eine geschlossene Szene bildet, und es wäre illusorisch, dem belgischen Quintett eine Vorliebe für den Rausch, die Trance abzusprechen. Zu programmatisch ist alleine der Opener “Ton Rêve” (dt.: dein Traum) betitelt, auch wenn die ersten Sekunden des Songs eher an das Erwachen aus einem Alptraum erinnern: Ein kehliger Schrei durchschneidet die Stille, direkt dahinter lauert eine klirrende Wall-of-sound, Dissonanzen, Tremolo, Blastbeats, alles sitzt, alles ist direkt da. Ein ungewöhnlicher Einstieg im sonst so um Atmosphäre bemühten Genre, der vor allem etwas darüber erzählt, wie bewusst “Not Ever” konzipiert ist. Ähnlich wie Der Weg einer Freiheit, deren Mastermind Nikita Kamprad an der Platte mitgemischt hat, wirken Soul Grip informiert über die aktuellen Entwicklungen, aber nicht daran interessiert, jeder frischen Fährte zu folgen. Die Prämissen der Songs sind oft eher konservativ, spürbar ist stattdessen die Arbeit, die die Musiker aus Gent in den Jahren seit ihrem deutlich stärker im Hardcore verwurzelten Debüt in ihren Sound investiert haben. Ironischerweise verraten ausgerechnet die ruhigeren, elegischen Passagen ihre Vergangenheit, wenn Schlagzeuger Gert Stals mit wuchtigen, aber pointierten Schlägen verhindert, dass der Rest der Band in Richtung Post-Rock driftet. Nur einmal erlauben es sich Soul Grip, ihre Konturen zu verlieren, in der Quasi-Ballade “Never Leave”, durch die sich ab der Mitte verzerrte Gitarrenschlieren ziehen wie Honigfäden in einem schlecht durchgerührten Joghurt. Abseits davon tupfen Kevin De Cock und Nathan Van der Vaet mit ihren Gitarren eher behutsam Akzente in die Songs, wenn es mal ruhiger wird, von verträumten Feedback-Orgien gibt es keine Spur. Ohnehin stecken in den durchdachten Klangräumen der Platte ihre größten Variationen, wenn das knapp am Sludge vorbeischrammende “Grav I” mit “Grav II” eine enorm verdichtete, trocken produzierte Coda erhält, oder es in der Mitte des hastenden Grand scheint, als habe die Band den Aufnahmeraum verlassen, um draußen miteinander zu rangeln. Beschreiben lässt sich all das nur notdürftig, weil “Not Ever” weniger durch originelle Einfälle als deren sorgfältige Entfaltung besticht, bis zum statisch-aufgeladenen Noise, in dem der letzte Schrei des Closers Fiend versinkt.