Spiral Stairs
We Wanna Be Hyp-No-Tized
Text: Markus Hockenbrink
In praktisch jedem der zehn neuen Songs gibt es eine Stelle, an der mal kurz ein Klavier, ein Saxofon oder ein entgleistes E-Gitarren-Solo auftaucht, was Rockmusik-Code dafür ist, dass hier jemand bei aller Kraftmeierei auch Vollblutmusiker ist. Als Mitglied von Pavement war Kannberg immer die stabile Wand, neben der Stephen Malkmus’ Schrägheiten erst so richtig auffielen, als Solokünstler möchte er nun den Spaß haben, den er davor womöglich verpasst hat. In seinem Alter funktioniert das am besten mit etwas derberem Kumpelrock und mildem Humor, der schon etwas von der Welt gesehen hat. Kannberg hat eine recht unflexible Sprechsingstimme, die allerdings perfekt zum Stenografie-Stil passt, mit dem er seine Alltagserlebnisse durchgibt. I was on a train/ It was pouring rain/ Didnt have far to go/ My daughter came ist so ein Erinnerungsprotokoll, das von den Freuden (Tochter) und den Leiden (Arztbesuch) der mittleren Jahre berichtet. In “Borderline” beschwert sich der Sänger einmal kurz über Donald Trumps asoziale Immigrationspolitik, ansonsten herrscht die private Einkehr. Necesito love, necesito you, heißt es an einer Stelle, nicht mehr ganz so romantisch wie eine Teenager-Affäre, aber dafür vielleicht ernster gemeint. Als nettes Album eines sympathischen Veteranen ist an “We Wanna Be Hyp-No-Tyzed” also nichts auszusetzen, wenn man die Platte nachher aber nicht in Erinnerung behält, liegt das auch nicht an einsetzender Frühdemenz.