Einen solchen Reigen tongewordenen Größenwahns hört man selten: Sinfonieorchester, Waldhörner, Chöre, eine komplette Rockband, und mitten darin versteckt sich ein einzelner Mann und singt von Einsamkeit und Tränen. Dass jemandem wie Jason Pierce von ehemaligen Mitstreitern stets bereitwillig soziale Inkompetenz attestiert wird, mag auch nach dem Genuss von Let It Come Down” nicht weiter verwundern: Wer diesen Koloss an Musik mit sich herumzuschleppen hat, weilt wahrscheinlich nicht oft in profaner Alltäglichkeit. Wo früher gnadenlos verhallte Gitarrenwände die Soundlandschaft zeichneten, lässt er jetzt ganze Orchester und Gospelchöre sprechen. Wir haben es hier mit jemandem zu tun, der sich selbst hinter Klangwänden verstecken muss, um seine Sehnsucht nach Erlösung und Erfüllung zu zelebrieren. Aber, verdammt noch mal, er ist nun mal Phil Spector und Lou Reed in einer Person; niemals schlägt die bombastische Inszenierung das Intime tot. Dont Just Do Something” ist eine respektvolle Verbeugung vor dem, was Onkel Lou uns damals mit Sad Song” eigentlich hatte sagen wollen. In der Mitte dieses Albums besinnt sich der Mann, den wir mal als J.Spaceman kannten, der Songwriter-Traditionen von Burt Bacharach und Brian Wilson (The Straight And Narrow”, Do It All Over Again”) und das so gekonnt, das selbst Profi-Abschreiber wie Noel Gallagher in Erklärungsnot geraten werden. Richtig erhaben wirds dann gegen Ende: nach der Single Stop Your Cryin” ist eigentlich alles vorbei. Wer bis dahin die Grundfesten seiner Seele noch nicht in Wallung geraten sehen muss, wird wohl definiv niemals spiritualized” sein. Was Pierce und sein Mitstreiter diesmal geleistet haben, ist wohl die konsequenteste Umsetzung musikalischer Manie, die ich mir vorstellen kann. Erhaben und groß.
weitere Platten
Everything Was Beautiful
VÖ: 22.04.2022
And Nothing Hurt
VÖ: 07.09.2018
Sweet Heart Sweet Light
VÖ: 13.04.2012
Songs In A & E
VÖ: 27.06.2008
Amazing Grace
VÖ: 15.09.2003
Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space
VÖ: 26.05.1997