Sportfreunde Stiller
La Bum
Text: Sascha Krüger / Britta Helm
Die beste Nachricht ist zweifellos: kein Fußball. Nicht eine Textzeile. Es ist aber nicht die einzige gute Nachricht. Denn unter Berücksichtigung der schwierigen Situation, in der die drei Buben nach dem letztjährigen WM-Kotau steckten, haben sie mit “La Bum” im Prinzip alles richtig gemacht. Die Platte klingt bulliger, wilder und streckenweise vorsätzlich unkommerzieller als ihre Vorgänger; man gab sich viel Mühe mit einem Arrangement, das deutlich mehr bietet als die übliche Drei-Minuten-Single-Schule. Zugleich wurde der Klang erweitert – von betont unbehandelten Bratgitarren und wilden Schlagzeug-Tremoli bis zu horizontweiten Streicher-Landschaften erlauben sie sich jeden Grenzgang. Eine gute und notwendige Entwicklung, will man nicht als breitentauglicher Selbstkopist verkannt werden. Denn – und das ist der einzige kleine Pferdefuß an “La Bum” – gewisse Ähnlichkeiten in Text und Melodie zu voran gegangenen Stücken sind durchaus zu entdecken. Dadurch, dass der Großteil aber eben entweder eindeutig rockiger, ja derber oder bei vollem Bewusstsein süßer und opulenter klingt, lässt sich das verschmerzen. Kurzum, die Sportis haben sich nicht neu erfunden, aber weiterentwickelt. So positionieren sie sich auf eine angenehm spielerische und unverkrampfte Weise zwischen der popkulturellen Glaubwürdigkeit der Ärzte und einer liebevoll austarierten Tomte-Nachdenklichkeit. Denn sie sind dem Indie treu geblieben, ohne den inzwischen erreichten Pop-Status zu verleugnen. Das allein ist schon Leistung genug.
8/12 Sascha Krüger
Es ist hoffnungslos. Kaum haben Amnesie und Alkohol das großbolzende Sommermärchen samt Soundtrack so weit in den Hinterkopf gedrängelt, dass es nicht mehr stört, kommen sie frontal schon wieder an, die fesch-feisten “Sportis” und wollen in dreifachstereo Wellentäler reiten gehen. Na Prost Nachspielzeit. Für die voraussprintende Hitsingle “Alles Roger” haben die Brainstürmer dann auch direkt mal alles so richtig rausgelassen, was an lifestylischen (Un-)Gereimtheiten auf dem “…Zweikampf”-Sonderalbum zu kurz kam: “Eine Doktrine ist keine Medizinerin”, “die Sugarbabes sind nicht Atomic Kitten”, “du gibst dir Klöße mit Soße lieber als die Blöße” – höhö und Mann ey… Nun, der gewitzte Hirnisong hat seinen verdienten Formatschleifenplatz zwischen Rihannas keckem Umbrella-ella-ella-eh-eh-eh und dem übertrieben hammeren Partyhymnchen von Culcha Candela gefunden; der Rest steht freiwillig im – ha! – Abseits herum und nuckelt an isotonisch Abgestandenem. Musik und Text: durchlässig seicht wie die Haare vom Netzer. Da wird “Westerland” aufs Lahmendste zum “995er Tief über Island” verklaut, trieft “Tu nur das was dein Herz dir sagt” die Schweißbänder zu Waschlappen und wird für “In unmittelbarer Ferne” das Selbstmitleid aller Vorgängerplatten zusammengewärmt. Bleibt nur noch, mit dem Finger auf den Abimotto-humorigen Albumtitel zu zeigen und, bevor hier jemand zur post-WM-traumatischen Realität zu schwofen anfängt, abzupfeifen.
4/12 Britta Helm
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