Das fünfte Album des Emo-Metal-Quartetts aus Springfield klingt ziemlich antiquiert, ganz so, als erlebten Bands wie Alice In Chains und Pearl Jam gerade erst ihre Heydays. Aber für radikale Musikerneuerer war diese Band eh nie gemacht. Und so urteilt man am besten allein über die Qualität der zwölf Songs, die zwar nicht sensationell, aber doch zumindest sehr solide ist. “Paper Jesus” zum Beispiel ist ein feines, düster wummerndes Brett, das an die New-Metal-Anfänge der Band erinnert, “King Of All Excuses” müsste auch Prong-Fans gut gefallen. Balladeske Nummern wie “Schizophrenic Conversations” wiederum setzen ganz auf die Stärke von Aaron Lewis, und das ist melancholisch angehauchter Schmachtgesang, auch wenn besagter Song nicht das Charisma von “Fade” oder “Outside” entwickelt. “Take This” gelingt in dieser Hinsicht besser, bei “Everything Changes” mit seinem Lagerfeuer-Solo schießt die Band allerdings übers Ziel hinaus. Rundum gelungen ist “Please” mit einer perfekt austarierten Balance aus wohldosiertem Pathos, lockerer Beschwingtheit und melodischem Drive. Gitarre und Bass setzen hier mit ihrem Dialog simple, ungemein wirkungsvolle Akzente. Insgesamt ein Album mit nicht sehr viel Tiefgang, das aber an der Oberfläche ansprechend zu unterhalten weiß und den Vergleich mit dem Vorgänger “14 Shades Of Grey” klar für sich entscheidet.
8/12 Dirk Siepe
Aaron Lewis ist zum zweiten Mal Vater einer Tochter geworden. Das merkt man zum Glück nicht. Er verbreitet wie immer miese Laune, schreibt aber keine Songs mehr, die berühren. Weltschmerz zum Lebensmotto zu erheben ist ähnlich schizophren wie die Bloodhound Gang am Ground Zero interviewen zu wollen. Außerdem: Was nicht passt, wird nicht besser, wenn man es wiederholt. Staind haben schon auf dem Vorgänger “14 Shades Of Grey” zu dick aufgetragen und waren kurz davor, die inzwischen aufgelösten Creed auf der Pathosskala zu überholen. Und der Feldzug gegen gute Laune geht weiter: Mit “I’m Still Scared” beginnt Lewis sein “Chapter V” (welch ein origineller Titel!), es gibt ein Kreuz zu tragen (“Cross To Bear”), bevor man fällt (“Falling”), man führt danach und davor komische Gespräche (“Schizophrenic Conversations”) und überhaupt ändert sich alles (“Everything Changes”). Anstrengend. Lewis bietet ein einfaches Ziel mit seinem Jammer-Blues, die vielen Halbtempo-Nummern mit den angedeuteten Korn-Gitarren (über die Hälfte des Albums) verlieren durch ihre Häufung proportional an Bedeutung. Keine Überraschung – keine Gänsehaut. Lediglich “Reply” lässt grob erahnen, wozu Staind einmal in der Lage waren, nämlich abwechslungsreiche Rock-Alben abzuliefern. Klappt das denn nur, wenn es einem richtig schlecht geht?
4/12 Jörg Staude
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Staind
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The Illusion Of Progress
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Break The Cycle
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