Die Erfolgsgeschichte der Kanadier aus Montréal ist eine der unwahrscheinlichsten und schönsten der vergangenen Jahre. Eine nicht mehr ganz junge Band aus dem Hinterzimmer der Szene erspielt sich mit klugen und zitatreichen Indie-Popsongs erst einen guten Ruf und dann eine Menge Fans. Das Album “Set Yourself On Fire” war 2005 irgendwie und aller Orten Konsens, wenn es um die Lieblingsalben des Jahres ging. Stars waren hocherfreut, Sängerin Amy Millan sagte selbstbewusst lächelnd: “Wir gehören ja auch an die Spitze.” Die will nun verteidigt werden, und so hat “In Our Bedroom After The War” eine ganz schöne Last zu tragen. Am Anfang spürt man das auch: Da tragen Stars ganz schön dick auf. Die Platte beginnt mit einem Klangspiel und zwei aufgeblasenen Liedern voller Nacht-, End- und Kampf-Metaphern. Amy Millan und Stimmpartner Torquil Campbell erklären in blumigen Zeilen das Konzept der Platte: die Ruhe nach dem Sturm, das gemeinsame Zusammenkitten des zerbrochenen Geschirrs, die seltsame Sehnsucht, dass der Wind bald wieder auffrischt: “Take Me To The Riot!”, singt Campbell am lautesten Punkt des Albums. Die ersten Minuten sind eine Forderung, wirken in der cleveren Wortgewalt aber beinahe beengend. Die Fenster öffnen sich, wenn Amy Millan in “My Favourite Book” eine perfekte Beziehung mit ihrem Lieblingsbuch vergleicht, was unfair ist, aber Spaß macht und der Platte etwas von ihrer Schwere nimmt. Die Band verwebt im Anschluss detailverliebten Pop mit Soul (“Genova Heights” mit Prince-Imitations-Refrain) und Klassik, zitiert “Bigmouth Strikes Again” von den geliebten Smiths und fühlt sich hörbar pudelwohl im Eklektizismusland. Und dann steuert die Platte nach einer halben Stunde ihrem Höhepunkt entgegen: Im Dialog von “Personal” wollen sich zwei finden, die sich noch gar nicht kennen; “Barricade” ist eine herausragende Pianoballade über die Liebe in Zeichen des aufständischen Straßenkampfs – und hätte der Hit zum Zaunspektakel in Heiligendamm werden können (wie übrigens auch “Through The Barricades” von Spandau Ballet, ein nicht zu unterschätzender Tränenzieher). Allein diese zwei Lieder zeigen, was die Stars so unverzichtbar macht: Eine Band, die so gute Lieder für orientierungslose Herzen schreibt, ist schwer zu finden. Stars sind ein Navigationssystem.
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