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    Steel Train
    Twilight Tales From The Prairies Of The Sun

    VÖ: 18.04.2005 | Label: Drive Thru/Sanctuary/Rough Trade

    4 Ohren Test

    Plattenfirmen tun bisweilen rätselhafte Dinge. Warum ein auf Emo und Artverwandtes geeichtes Label wie ‘Drive-Thru’ Steel Train aus New York unter Vertrag genommen hat, wirft Fragen auf – nicht nur, weil die Band einen selten dümmlichen Namen ihr eigen nennt.

    Nein: Sie wirkt dort so fremd wie Marmelade auf der Meeresfrüchte-Pizza. Nun wäre auch dies noch vertretbar, erwiese sich ihr kruder Gemischtwarenladen aus Sixties-Folkpop-Schönfärberei, Santana-Salsa und – man traut sich’s kaum auszusprechen – 80er-Fusion-Quark nicht als derart unterirdisch. Beim netten Akustik-Schmeichler “Better Love” scheint die Welt noch einigermaßen im Lot, doch dann wird’s arg banal: “Road Song” und “Dig” etwa sind standardisierter Country-Unfug vom Kreuzbiedersten. Dass Gitarrist Matthew Goldmann seine “Samba Pa Ti”-Lektionen gepaukt hat, darf er gerne seinen Hochschul-Kumpels zeigen. Komplett haarsträubend wird’s indes, wenn den Mann das Funk-Virus befällt, wie beim bräsigen Proberaum-Genudel “Gypsy Waves” oder bei “W. 95 Street High”. Steel Train sind die neuen Spin Doctors. The Coral für frühvergreiste Bankangestellte. Und, von wegen Mars Volta: Trotz der Latin-Zitate liegen Ozeane zwischen den beiden Bands. Dort inspirierte, anarchistische Kunst – hier eifrig zusammen geklaubtes, disparates Kunsthandwerk. Bah!

    Patrick Großmann 3

    Nicht völlig rechtfertigen, wohl aber entschärfen dürfte den weder griffigen noch allzu tiefgründigen Albumtitel “Twilight Tales From The Prairies Of The Sun” die Information, dass Steel Train ihr LP-Debüt auf einer zum Studio umfunktionierten Ranch namens ‘Prairie Sun’ aufgenommen haben. Und: Wer von einem solchen Titel auf eine verspulte Prog-Rock-Band schließt (die letzte EP hieß übrigens nüchtern “1969”, kam dafür aber im crazy Psychedelia-Artwork), liegt nicht ganz falsch: Rock sind Steel Train zwar nur manchmal, Prog und verspult aber in jedem Moment. Zum Beispiel wiegen sie dich die ersten Minuten mit Country, Folk und Südstaaten-Appeal in allerschönste Schwelgerei – und donnern dir dann aus heiterem Himmel den feisten Santana-Gniedel-Jam “The Lee Baby Simms Show” um die Ohren. Ein Beweis unter vielen hier, wie schick sich Funk und Latin im Country-Kontext machen (und dabei sogar noch Luft lassen für eine zartbittere Pianoballade wie “Cellophane And Glass”). Für die Geschichtsschreiber: Die Mandoline zwischendrin gehört David ‘Dawg’ Grisman und versüßte schon 1970 Grateful Deads Meisterstück “American Beauty”. Für die Zukunftsforscher: “Twilight Tales From The Prairies Of The Sun” wird nicht das letzte bewegende Album dieser fünf New Yorker bleiben. Oder es geht hier ganz und gar mit dem Teufel zu.

    Dennis Plauk 9