Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein Album wie dieses auch für den deutschen Sprachgebrauch erscheint. Eine Frage der Zeit, bis sexuelle Grenzgänge, als letzte kollektive Bewußtseinserweiterung salonfähig gemacht, auch im Tonträgerformat zum Ausdrucksmittel werden. Was sich bei Lederhäuten wie Marilyn Manson vorwiegend auf Äußerlichkeiten reduziert, wird hier textlicher Bedeutungsträger, geheime Wortwaffe, Wesenskern bitterböser Slam-Poetry à la Lydia Lunch. Um es vorwegzunehmen: Stendal Blast sind weder eine hippe Sado-Maso-Combo noch potentielle Lilo Wanders-Gäste. Dafür ist ihr Spektrum an augenzwinkernden Realitätsverweisen einfach zu breit. Besonders erfreulich: Hier wird dem künstlerischen Anspruch zum Trotz über deutsche Schatten gesprungen, intellektuelle Überdosierung mit fiesem Humor (ein Mensch trifft Biene Maja und Willi – mit der Fliegenklatsche) umschifft. Geiststoff dieses Kalibers will auf Kleinkunstbühnen das musikalische Korsett transzendieren und bitte, bittte, bitte nicht in Rammstein-Töpfen versenkt werden. Man hätte sich von dieser bizarren, höchst amüsanten und (be)rührenden Form der Abendunterhaltung noch etwas mehr Distanz von bekannten Soundwelten erwartet. Aber es ist wohl gerade der Straßenfaktor, der die Hohe Literatur hier konsequent auf gesundem Abstand hält.