Stereophonics
Language. Sex. Violence. Other?
Text: Dirk Siepe / Armin Linder
Dumm rockt gut und billig will ich! Okay, ganz so polemisch muss man es nicht ausdrücken, aber man muss auch nicht die Akustikklampfen und die gefühlvolle Introspektive bei den Stereophonics vermissen. Die Waliser gehörten im weiten Feld des Britpop seit jeher zu den oberflächlicheren Gewächsen. Kelly Jones war nie ein großer Sympathieträger, sondern ein leicht überheblicher Poser, den man vor allem für seine viel gepriesene Reibeisenstimme mochte. Als Fan muss es einem natürlich bitter aufstoßen, wenn die Lieblingsband plötzlich in vermeintlich hippe Trendrichtungen schielt, statt neue Versionen von “The Bartender And The Thief” zu schreiben. Aber für emotional unvorbelastete Hörer geht es durchaus in Ordnung, dass hier einfach kraftvoll vordergründig losgerockt und die dicke Hose in den Wind gehängt wird. Ob sich die Stereophonics dabei an U2 (“Dakota”, “Rewind”) oder Marilyn Manson (“Superman”) orientieren, ist dabei zweitrangig, das funktioniert alles gleich gut oder schlecht. Die Zeit, der Band mangelnde Originalität vorzuwerfen, ist jedenfalls längst abgelaufen. Schließlich waren auch die letzten Semi-Hits des südwalisischen Trios, allen voran “Madame Helga”, kein hintergründiger Stoff, sondern simpler Power-Rock, der alle möglichen Klassiker zitierte. Und dabei Spaß bereitete. Songs wie “Girl” oder “Deadhead” machen genau da weiter.
Dirk Siepe – 8
Das waren noch Zeiten! Ihr glanzvolles Debüt “Word Gets Around” brachte 1997 die Stereophonics von 0 auf 100. Seitdem stockt der Motor, mit jedem Album mehr. Damit soll Schluss sein: “Push the pedal now”, fordern die Waliser auf ihrem fünften Werk – und testen furchtlos, wie viel Gas sie geben können, ohne aus der Kurve zu fliegen. “Doorman” wischt sich erst im Refrain den Schweiß ab, “Brother” grenzt fast an Industrial, und “Girl” schwingt sich zwei Minuten lang eilig in Pose. Dabei vergessen die Stereophonics allerdings, was sie doch einst mal ausgemacht hat: die Reibeisen-Stimme von Kelly Jones. Davon ist nicht mehr viel zu hören, er versucht sich als Marilyn Manson für Arme oder noch öfter als Hardrocker wie zu den grausigen Riffs von “Superman”. Die Roadmovie-Single “Dakota” immerhin backt mit schwungvollen Synthies kleinere Brötchen, wie auch das sentimentale, programmatisch betitelte “Rewind”. Die nächste Breitseite jedoch lässt nicht lange auf sich warten. An Ambition mangelt es ihnen ja nicht, wie man dem konsequent durchgezogenen Ein-Wort-Songtitel-Konzept oder dem kryptischen Albumtitel entnehmen soll. Nur hatte Gwen Stefani einen ähnlichen zuerst. Und erweist sich als Schwester im Geiste von “Language. Sex. Violence. Other?”, einem Album so grell wie sein Cover. Da streiten sich Augäpfel und Ohrmuscheln, wem es mehr weh tut. Unentschieden.
Armin Linder – 5
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