Womit wir beim Kernproblem der Sache wären: Will noch jemand gestylte, nicht mehr ganz so juvenile Typen hören, die von ihren Schmerzen schreisingen? Hier sind Leute am Werk, die wissen, was sie tun. Und die genau abwägen, was man lieber lassen sollte, weil es nicht wirklich originell ist, schrieb Christian Kruse zu Taproots Debüt “Gift” in VISIONS 97. Heft und Hochphase der Musikrichtung, der das Quartett nach wie vor frönt, haben an die zehn Jahre auf dem Buckel. Spätestens die letzte Welle an Screamo- und Metalcore-Klonen, die erschreckende Nähe zum New Metal offenbarte, hat die meisten Hörer auf Jahre hin vom ewigen Laut-Leise-Spiel entwöhnt.
Was machen also Taproot auf “Plead The Fifth”? Exakt das Gegenteil von obigem Zitat. Mag sein, dass sie bei den Aufnahmen genau abgewägt haben – es ist sogar wahrscheinlich. Doch haben sie sich immer gegen den originellen Weg entschieden. Prinzipiell okay, ein paar verbliebene Fans wird es ja schließlich noch geben. Dass neue hinzukommen werden, ist aber unwahrscheinlich. Zu sehr hört man Taproot besagtes Abwägen an. Jedem derben Riff, jeder gequält genölten Strophe und jedem ohrwurmverdächtigen Refrain ist zu entnehmen, wie gewollt das alles ist. Dass die musikalische Umsetzung dabei immer gekonnt ist, sorgt für die wenigen Pluspunkte. Wie es besser geht, machen ausgerechnet die alten Vorbilder von den Deftones aktuell vor und präsentieren den alten Hut mit Leidenschaft und Hingabe – und nicht des Styles wegen.
Artverwandte
Deftones – “White Pony”
Incubus – “Make Yourself”
Lostprophets – “The Fake Sound Of Progress”