Der feine Grat, auf dem sich Tesseract mit ihrem zweiten Album bewegen, hat zu beiden Seiten klaftertiefe Abgründe. Auf einer Seite geht es abwärts Richtung Posertum und Angeberei, auf der anderen Seite in die Untiefen von Theatralik und Drama. Die britische Band, die im Laufe ihres Bestehens seit 2009 schon heftig am Personalkarussell gedreht hat (vor allem die Position des Sängers scheint ein Schleudersitz zu sein), verlässt ihren Weg erstaunlicherweise zu keinem Moment – mit schlafwandlerischer Sicherheit und einem guten Gespür für Spannungsbögen. Aufwändige Arrangements, komplexe Riffs und multidimensionale Harmonieführung füllen das vierteilige Konzeptalbum (“Of Matter, Of Mind, Of Reality und Of Energy”) mit kantigem, mitreißendem Material und ausgefeilten Songs, an denen man sich seinen Math-Helm ordentlich ramponieren kann. Das textliche Konzept erschließt sich erst mit der Zeit. Es geht um die Theorie, dass Energie in einem geschlossenen System nie verloren geht. Die Band bringt nach eigener Aussage in den Texten den holprigen Weg zwischen ihrem Debüt “One” und “Altered State” auf den Punkt; eine Tatsache, die ob des vorliegenden Mammutalbums hoffen lässt, dass es Tesseract auch in Zukunft schlecht gehen wird. Kaum auszudenken, was da noch kommen könnte. Denn bis hierhin kann man Tesseract und speziell “Altered State” getrost als aktuelle Messlatte für den Metal des denkenden Menschen bezeichnen.
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