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    The Antlers
    Hospice

    VÖ: 23.10.2009 | Label: French Kiss / ALIVE
    Text: Daniel Gerhardt // Britta Helm
    10 / 12

    Vier-Ohren-Test

    Isolation row: The Antlers und ihr bodenloser Indie-Space-Pop machen Brooklyn zum einsamsten Ort der Welt.

    Weil David Silberman keine Lust mehr hatte, hat er das mal durchdacht: der beste Freund ein kleines Kind, die Krankheit Krebs, das Ende nahe. Solche Geschichten liegen auf vielen Hollywood-Schreibtischen herum, werden aber aus guten Gründen normalerweise nicht erzählt. Silberman weiß das selbst und hat genau gar keinen Scheiß darauf gegeben. Lieber achtete er auf die Nuancen, strebte nie billige Effekte an und schrieb Songs zu seinen Gedankenspielen, die der thematischen Schwere bei vollem Selbstbewusstsein gerecht werden. Kettering tropft die Bedeutsamkeit mit jeder Silbe von der Zunge, nicht bloß im übertragenen Sinn, und Sylvia entfaltet eine Breitenwirkung, die durch kein Fass ohne Boden mehr passt. Hier aber endet Hospice nicht, hier wird es nicht genügsam. Silberman klopft seine Geschichte gründlich ab, singt auch von den trotzigen, den kämpferischen und beschwingten Momenten zwischen Pfleger und Patient. Wie sie sich nacheinander verbrüdern, entfremden, schikanieren und wieder zusammenraufen, bis man gar nicht mehr weiß, wer hier den schwereren Tod stirbt – das ist nicht weinerlich, sondern zutiefst menschlich und wahrhaftig, ganz unabhängig davon, dass Silberman die Geschichte komplett erfunden haben soll. Wer sich so etwas ausdenkt, muss ohnehin schon ganz andere Sachen erlebt haben.
    10/12 daniel gerhardt

    Apropos Tränendrüse: ein schwermütiges Konzeptalbum über die Liebe in Zeiten von Krebs.

    Und die Amerikaner stürzen sich drauf. Längst steht Hospice ganz oben auf den Listen der wichtigsten Alben des laufenden Jahres, als wäre es politisch unkorrekt, irgendetwas Glückliches an Peter Silbermans (fiktiver) Trauergeschichte vorbeizulassen. Ja, es ist zum Heulen. Und nein. Man ist nicht schlecht, wenn man unbewegt bleibt. Gratulation für jede Plath-Referenz, aber wie soll man intellektuell weinen, wenn Zeilen wie „Sylvia, get your head out of the oven/ Go back to screaming and cursing/ Remind me again how everyone betrayed you“ in Verzerrung und Kirchenkeyboards untergehen? Vielleicht ist es kunstvolle Verarbeitung, vielleicht anmaßende Fantasie, die dem Sänger in zweijähriger Vereinsamung (so die Sage) die Mär vom „Bear inside your stomach/ The cub‘s been kicking from within“ (Spieluhr, hohe Stimme, leichter Beat) eingegeben hat. So richtig, sagen wir es ruhig, authentisch wühlt einen das alles nicht auf. Andererseits: kann nicht jeder Athlete sein und Wires schreiben. So kopfig wie Silberman in Two „There was nothing that I could do to save you/ The choir‘s gonna sing and this thing is gonna kill you“ heult, schleicht sich die fiese Frage ein, ob man den restlichen Sarkasmus schlicht verpasst hat. Stimmung macht Hospice, das lässt sich nicht leugnen, nur fehlt bei aller Liebe zur guten Geschichte der Inhalt.
    5/12 britta helm

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