The Bronx entscheiden sich für letzteres und gestalten ihr sechstes Album als eine musikalische Prügelei, die jene Art von blauen Flecken hinterlässt, über die man sich im Nachgang glücklich lächelnd unter lieben Menschen austauscht. Obwohl: Gilt eine Band schon als wütend, nur weil sie Hanoi Rocks das Saxofon wegnimmt, es durch drei Reihen mit Kerosin gefüllter Bodenpedale ersetzt und alle Regler und Befindlichkeiten auf elf dreht? Denn bei allem Furor versteht sich die Band um Sänger Matt Caughthran und Gitarrist Joby J. Ford seit jeher als Vehikel jener positiven Aggression und des gestalterischen Zorns, auf die sich jegliche Ausprägung des RocknRoll am Ende herunterbrechen lässt. “White Shadow” macht von Beginn an klar, worum es The Bronx hier und heute geht: Boogie, Zerre und die Faust als aggressive Geste nach vorne gereckt, gerne aber auch, um einfach mal ein paar Blümchen zu reichen – so wird ein Album aufgemacht, das sich mehr als zuvor dem kreativen Zusammenspiel sämtlicher Bandmitglieder verdankt und so schlüssig und vielfältig wie selten geraten ist. Vielleicht schlägt sich gerade diese frisch entdeckte Gemeinschaftlichkeit in jenem schroffen Swing nieder, der selbst einem groben Knüppel wie dem Punkrocker “Superbloom” eine Leichtigkeit verleiht, die der Heaviness des Chorus großzügig Freiraum gibt, den jener gleich wieder straff einebnet. Ja, hier gehts dreckig und hart zur Sache. Doch Wut, Aggression und Abfahrt unbenommen, will man The Bronx im Jahr 2021 verstehen, sollte man sich in “Peace Pipe” versenken. Denn in ihrer neuen Songwriting-Dynamik greift die Band ganz weit in die Vergangenheit und versetzt New York Dolls-Vibes nach Skandinavien, als gelte es zu beweisen, wie gut Hardrock, PMA-Punk und breitbeiniger Schweden- (und Finnen-) Schweinerock einander entsprechen. So wirkt “Bronx VI” archaisch und zeitlos zugleich und spannt den weiten Bogen zwischen Kiss-Solos und Pogo-Party im Klima-Camp. Passend zu dieser vermeintlich anachronistischen Arretierung wird jeder einzelne Song eine Veröffentlichung als limitierte, von verschiedenen Künstlern gestaltete 7-Inch erfahren, die entweder einzeln oder aber im monatlichen, auf 400 Fans beschränkten Abo erhältlich sind. So schlägt sich der Bogen vom DIY-Ethos des Punkrock über die Verbundenheit mit dem eigenen Umfeld hin zur großen Geste des klassischen Hardrocks mit all seiner Dekadenz. Kleinode und Kostbarkeiten für alle? Nicht in diesem Stadion.
weitere Platten
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