Wenn man möchte, kann man Billy Childish als den Anti-Paul Weller sehen: Beide fangen ungefähr zeitgleich unter dem zerrissenen Banner des Punkrocks an, aus der Leidenschaft zu den Kinks, Small Faces und den frühen Who geprägten, anachronistischen RocknRoll zu spielen. Der eine schafft es aufs Cover des NME und wird zur Stil-Ikone, der andere weigert sich, in London aufzutreten und trägt bisweilen Sherlock Holmes-Mützen. Der eine pflegt seine Frisur und sein Image, der andere veröffentlicht um die hundert minimal unterscheidbare LPs, wäschekörbeweise Singles, mehrere Gedichtbände und lehnt einen der begehrtesten Kunstpreise Englands ab. Der eine motiviert unzählige junge Menschen, in engen Anzüge zu Northern Soul zu tanzen, der andere motiviert eine Handvoll junger Menschen, ihre Musik preiswert, roh und direkt aufzunehmen, darunter auch die White Stripes, die Thermals und eigentlich so ziemlich alles, was heutzutage so am Garagentor rüttelt. Der eine covert mittlerweile Standards im WDR2-Fahrstuhlmusikstil, der andere covert einfach sich selbst. Der eine ist ein souveräner, erwachsener Gewinner, der andere ein aufrechter Verlierer. Entscheidet selbst, welchen von beiden ihr nötiger braucht.
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1914
VÖ: 03.11.2003