Für die kuriose Kiffer-Rotte und ihren unbezwingbaren Veröffentlichungs-Wahn gilt: Weniger ist (manchmal) mehr. Eines kann man den Weird-Pop-Spinnern aus Hoylake aber nicht vorwerfen: dass ihnen die Ideen ausgingen. Auch der nach dem Debüt und “Magic & Medicine” dritte Streich in gerade mal eineinhalb (!) Jahren ist nichts weniger als ein Füllhorn an stupenden bis abwegig erscheinenden Einfällen und Kapriolen. Immerhin elf Lieder drängeln sich auf ganzen 28 Minuten Spielzeit – ein solches Pensum schaffen sonst höchstens Punk-Bands. Spontan eingehackt, so wird zumindest kolportiert, in gerade mal einer Woche. Das Sextett um James Skelly versucht sich diesmal unter anderem an sinistren Hall-Spirenzchen (“Keep Me Company”), verzerrten Vocals (“I Forgot My Name”) oder einem wahrlich kaputten Funk-Derivat, das man clevererweise “Migraine” getauft hat. Dazwischen zickt leicht ziellos “Venom Cable”, nervt “Auntie’s Operation”. Woran es den Wirrköpfen langsam eher zu gebrechen droht, ist eine zumindest in Ansätzen erkennbare stilistische Linie. Eine Konstante außerhalb des Chaos. Denn womit ließe sich noch überraschen, wenn man als Hörer auf schlichtweg alles gefasst sein muss? Da helfen in der Tat bloß noch wirklich gelungene Kompositionen weiter – und davon finden sich mit der windschiefen Dick Dale-Hommage “Precious Eyes” sowie “Sorrow Or The Song” lediglich zwei. Eher zerrissenes Fragment, denn Klassiker.
Patrick Großmann 8
Sind Kiffer unruhige Geister, ständig auf der Suche nach dem nächsten Kick? Doch eher nicht. Deswegen ist es unverständlich und geradezu skandalös, wie sehr sich The Coral nach ihrem hervorragenden 60s-Pop-Debüt und dem melancholischen Nachfolger auf diesem Album von ihrem Können entfernen. Beinahe jeder zweite Song (“Venom Cable”, “Song Of The Corn”, “Aunties’s Operation”, “Grey Harpoon”, “Migraine”) nervt den Hörer durch eine unsinnige Anzahl von Wiederholungen. Das sind keine Strukturen, sondern Fragmente, die aneinander gehängt werden und nicht viel Sinn machen. Wenn Kiffen Kreativschübe erzeugen soll, dann haben die Jungs damit wohl aufgehört und sich anderen Drogen zugewandt. Anders ist dieser Totalausfall nicht zu erklären. Gerade bei der Kürze dieser Scheibe hätte man ein wenig mehr auf die Qualität des Songwritings achten sollen – eine EP hätte durchaus gereicht, und auch da wäre die Auswahl schwer gefallen, denn so richtig gut ist kein Stück auf “Nightfreak And The Sons Of Becker”. Besonders schwerwiegend fällt der Unterschied auf, wenn man zuvor die zweite Electric Soft Parade gehört hat. Irgendwie traurig, wie schnell sich eine talentierte Band durch sinnlose und ärgerliche Veröffentlichungen ihre Reputation zerstören kann. Beim nächsten Versuch bitte vorher eine Kreativpause einlegen!
Jörg Staude 3
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